Es ist an der Zeit, eine Illusion zu begraben: daß nämlich die Söhne übermächtiger, oft verbrecherischer Despoten es besser machen werden, wenn sie einmal die Macht dazu haben.
Baschar al-Assad, 45, der syrische Präsident, folgte auf seinen brutal und autoritär herrschenden Vater Hafiz al-Assad. Sein Regierungsantritt im Jahr 2000 war von großen Hoffnungen begleitet: er hatte in England Medizin studiert, auch seine Frau, eine Finanzanalystin, wuchs dort auf. Heute, angesichts der auch in Syrien nach Freiheit dürstenden Menschen, läßt er mit Scharfschützen auf sein Volk schießen – das scheint der neue Sport der arabischen Herrscher zu sein! – und spricht von einer Konspiration des Auslands. Eine armselige, aber typische Reaktion.
Auch Saif al-Islam al-Gaddafi, der vermutlich mächtigste Sohn des libyschen Despoten, galt lange als Zukunftshoffnung, als aufgeschlossener, vergleichsweise liberaler Mann. Jetzt läßt er mit seiner Privatarmee die todesmutig gegen Gaddafi rebellierenden Libyer niederkartätschen und ist in jeder Hinsicht schon jetzt ein Abbild seines Vaters.
Auch Gamal Mubarak, der seinem Vater in Ägypten einmal nachfolgen sollte, hat Husni Mubarak – wenn man den Berichten glauben soll – sogar noch darin bestärkt, dem aufbegehrenden Volk nicht nachzugeben.
Was ist los mit den Söhnen? Sie scheinen der Aura ihrer Väter nicht zu entkommen. Sie sind offenbar vom Schicksal getrieben, die gleichen Fehler zu machen, die gleichen Verbrechen zu begehen wie ihre Väter. Die ungeheure Macht, die sie geerbt haben (oder erben möchten), muß sehr verlockend sein, auch das Vermögen, das sich ihre Väter zusammengestohlen haben, wird dabei eine Rolle spielen.
Aber auch in Demokratien und in der Kunst haben es die Söhne „großer“ Väter schwer. Der „Sohn vom Kohl“ hat gerade ein Buch über sein Problem mit dem übermächtigen Vater, Helmut Kohl, veröffentlicht (Leben oder gelebt werden, Integral Verlag). Die Söhne von Thomas Mann – Klaus, Golo und Michael – haben zeitlebens unter ihrem Vater gelitten, Golo und Michael auch noch lange nach dessen Tod. Und August, Goethes Sohn, blieb sein ganzes Leben lang für alle (und so steht es sogar noch auf seinem Grabstein) nur Goethe filius.
Es scheint, als hätten die Söhne berühmter Väter kaum eine Chance, ein eigenständiges Leben zu führen. Entweder sie werden schlechte Kopien – oder der Übervater erdrückt und zermalmt sie.
Nur die Stärksten unter ihnen können dieser Last standhalten und eigenständige Persönlichkeiten werden.