In Egon Friedells Kulturgeschichte der Neuzeit, die man als ein ungemein anregendes Werk nicht hoch genug loben kann, findet sich auch ein Goethezitat über Martin Luther:
Das einzige, was uns an der Reformation interessiert, ist Luthers Charakter, und er ist auch das einzige, was der Menge wirklich imponiert hat. Alles übrige ist nur ein verworrener Quark, wie er uns noch täglich zur Last fällt.
Über Ideen und die Menschen, die sie in die Tat umsetzen, schreibt Friedell mit Hinblick auf Luther:
Die „Ideen“, die großen geistigen Strömungen sind wohl immer das, was den Wandel und Fortgang des historischen Verlaufs bestimmt; aber diese Ideen knüpfen sich, das können wir in unserer ganzen Erfahrung bestätigt finden, stets an große Persönlichkeiten. Die Weltgeschichte wird von einzelnen prominenten Menschen gemacht, von Menschen, in denen der „Geist der Zeit“ so konzentriert verkörpert ist, daß er nun für jedermann lebendig, fruchtbar und wirksam wird. Die Idee ist immer das Primäre, gewiß; aber Leben und Realität gewinnt sie immer nur in bestimmten Individuen.
Man muß wohl nicht hinzufügen, daß es im heutigen Protestantismus an solchen Individuen vollständig mangelt. Ein beredtes Beispiel war das groß angekündigte Lutherjahr 2017, auf das man doch gespannt war. Erinnern Sie sich noch an irgendetwas aus diesem von der evangelische Kirche lange vorbereiteten Jahr?
Sehen Sie – ich auch nicht.