Manchmal stößt man selbst in einer so seriösen Zeitung wie der F.A.Z. auf ein Wort, das befremdet. So hat vor einigen Tagen Michaela Wiegel, die Frankreich-Korrespondentin, in einem Artikel über die französische Präsidentenwahl im nächsten Jahr (hier nachzulesen) folgendes geschrieben:
Eine Frau im Elysée-Palast? Bislang dachten die Franzosen dabei sofort an Marine Le Pen, die bei der Präsidentenwahl im nächsten Jahr zum dritten Mal für das höchste Staatsamt kandidiert. Doch nun drängt sich eine andere Blondine nach vorn: Die 54 Jahre alte Valérie Pécresse, die rechtsbürgerliche Regionalpräsidentin der Hauptstadtregion Île-de-France, hat am Donnerstagabend zur besten Sendezeit ihre Präsidentschaftskandidatur erklärt.
„Eine andere Blondine“ also. Aber was will uns der Dichter damit sagen – außer daß die beiden Kandidatinnen die gleiche Haarfarbe haben? Was wird da angedeutet, insinuiert? „Blondine“ ist ja keineswegs einfach nur eine „blonde Frau“, wie die Dudenreaktion meint. Wörter haben oft unsichtbare Konnotationen, sie können bewundernd oder abwertend gemeint (und verstanden) werden, überhaupt sind sie selten eins zu eins mit ihrer Definition identisch. Und das Wort „Blondine“, das noch in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts eine durchaus positive Konnotation besaß, ist spätestens seit den „Blondinenwitzen“ eher herabsetzend gemeint und bezeichnet, jedenfalls für viele Sprecher, auch heute noch ein naives Dummchen.
In diesem Sinne ist es völlig unverständlich, warum die Redakteurin der F.A.Z. die beiden Politikerinnen als „Blondinen“ bezeichnet. Hätte es sich bei den Kandidaten um Männer gehandelt, wäre sie sicher nicht auf die Idee gekommen, von „dem anderen Schwarzhaarigen“ zu sprechen.