„Frauen, Männer und weitere Menschen“ – Ein peinlicher Beschluß des Zentralkomitees der deutschen Katholiken

So lautet wörtlich der Antrag, den Lisa-Marie Singer am 24. April 2021 unter dem Titel „Geschlechtervielfalt in Wort und Schrift“ in der Vollversammlung des ZdK eingebracht hat (hier nachzuzlesen):

Sprache bestimmt unser Denken sowie unser Bewusstsein und sie schafft
Realitäten. Durch einen sensiblen Sprachgebrauch tragen wir aktiv zur
Gleichberechtigung aller Menschen und zu einer wertschätzenden Ansprache bei. Sprache bildet die jeweils aktuellen gesellschaftliche Strukturen ab. Die Berücksichtigung verschiedener geschlechtlicher Identitäten in der Verwendung von Sprache ist ein erster Schritt zur Anerkennung jedes Menschen und seiner Würde. Die Verwendung geschlechtergerechter Sprache macht Frauen, Männer und weitere Menschen sichtbar.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken anerkennt, dass es Menschen gibt, die sich nicht den Geschlechterkategorien männlich und weiblich zuordnen können oder wollen. Diese Realität anzuerkennen bedeutet, sie als Teil der sehr guten Schöpfung Gottes wertzuschätzen. Die Wirklichkeit ist komplexer als die klassische binäre Lesart der Schöpfungsordnung es darstellt. Alle Menschen, unabhängig ihres Geschlechts sind Ebenbilder Gottes – darin liegt auch ihre Würde als Menschen begründet. Ein Ausschluss von intersexuellen, transsexuellen oder queeren Menschen aus dieser Schöpfungstheologie entspricht nicht unserem christlichen Menschenbild und Werteverständnis und verletzt die Menschenrechte. Deswegen verwendet das Zentralkomitee der deutschen Katholiken in jeder schriftlichen Kommunikation eine geschlechtersensible bzw. -gerechte Sprache, welche alle Menschen auch jenseits der Zweigeschlechtlichkeit einschließt und adressiert. Wünschenswert ist darüber hinaus eine geschlechtersensible und – gerechte Sprache in der mündlichen Kommunikation. Dabei werden Geschlechterstereotype sensibel und kreativ durchbrochen. Im geschriebenen Wort wird der Asteriskus (das Gender*Sternchen) verwendet. Im mündlichen Sprachgebrauch soll die Verwendung des Gender*Sternchens durch eine Pause an der Stelle des Sternchens ausgedrückt werden.

Begründung
Als Christ*innen müssen wir die Wirklichkeit anerkennen und mit ihr umgehen. Diese Wirklichkeit zeigt uns, dass es biologisch nicht bestreitbar ist, dass es Menschen gibt, die sich nicht in das binäre Geschlechtersystem einordnen können oder wollen. Diese Menschen gehören genauso zu Gottes guter Schöpfung. Um dies anzuerkennen, ist es gerecht, sie mit unserer Sprache auch zu adressieren und zu benennen und somit sichtbar zu machen. Außerdem macht die Verwendung des Gender*Sternchens auch explizit Frauen sichtbar. Verschiedene Studien zeigen, dass die Verwendung des Generischen Maskulinum sowie einer neutralen Form weder zur Sichtbarkeit von Frauen oder trans-, intergeschlechtlichen oder queeren Menschen führt, noch sie im „Denken“ der Menschen einen angemessenen Raum finden. Auch zeigen Studien, dass die Lesbarkeit von Texten kaum beeinflusst wird.

Auch im Synodalen Weg, insbesondere im Synodalforum „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ wird der Umgang mit intersexuellen, transsexuellen und queeren Menschen diskutiert. Wir möchten mit Menschen reden, anstatt über sie, was aber auch bedeutet, dass wir eine Sprache verwenden müssen, die alle Menschen anspricht. Ein Ausschluss von Menschen entspricht weder unserem christlichen Menschenbild, noch wäre er ethisch vertretbar.

Die Vollversammlung nahm den Antrag an. Von den anwesenden Mitgliedern stimmten 86 für und 54 gegen den Antrag. Als ein Mitglied in der Diskussion das Gendern (völlig zurecht!) eine „Vergewaltigung der Sprache“ nannte, warf ihm Gudrun Lux, die für die Fraktion Die Grünen – Rosa Liste im Münchner Stadtrat sitzt, allen Ernstes „Bagatellisierung sexualisierter Gewalt“ vor.

Was um Himmels willen hat so ein Antrag mit dem Glauben und der katholischen Kirche zu tun? Er ist nichts weiter als eine wörtliche, erbarmenswert schlecht formulierte Übernahme ähnlicher (und ähnlich dummer) Beschlüsse, wie sie seit langem in vielen Institutionen landauf, landab auf Druck einer kleinen, aber aggressiven Minderheit durchgesetzt werden. Kein einziger Satz dieses Antrags hält einer wissenschaftlichen Prüfung stand, wie man ja überhaupt die „Genderforschung“, was ihre Wissenschaftlichkeit betrifft, allenfalls mit Feldern wie der Homöopathie und anderen hermetischen Künsten vergleichen kann. Eine Wissenschaft, die immer zu den ideologisch vorgegebenen, politisch gewünschten Ergebnissen kommt und mit den von ihr verwendeten „Begriffen“ einen Jargon anbietet, der sich allenfalls den Anschein einer Wissenschaftssprache gibt, eine solche „Wissenschaft“ mag alles mögliche sein – nur keine Wissenschaft.

Es grenzt schon an tragische Ironie, daß sich die katholische Kirche, die in ihrer Geschichte jahrhundertelang von dem sexuellen Verhältnis von Mann und Frau wie besessen war, nun ausgerechnet von einem Zeitgeist überwältigen läßt, der, wenn auch auf ganz andere Weise, ihre Obsession fürs Sexuelle teilt. Beide, und das ist merkwürdig genug, scheinen nur noch wenig Interesse an den zentralen Fragen der Menschheit zu haben: Was ist der Mensch? Wo kommt er her? Wo geht er hin? Um Leben und Tod geht es nämlich in der Religion, nicht um „intersexuelle, transsexuelle und queere Menschen“, und schon gar nicht um seichte Ratschläge für ein glückliches Leben.

Von einem „sensiblen Sprachgebrauch“, den der Antrag einfordert, ist er selbst weit entfernt. Er ist in einem fürchterlichen Deutsch verfaßt („unabhängig ihres Geschlechts“ usw.), holprig, voller Wiederholungen und bis zum Rand angefüllt mit Phrasen aus der verstaubten Ecke der Queerdenker. Und das alles nur, um das schöne „Als Mann und Frau schuf er sie“ zu widerlegen und zu einer „binären Lesart der Schöpfungsordnung“ herabzustufen? Daß die Mehrheit der Delegierten diesem Gebräu zugestimmt hat, ist ein Armutszeugnis für den deutschen Katholizismus, der es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hat, dem Zeitgeist noch eifriger hinterherzuhecheln als die deutschen Protestanten.

Aber das kommt heraus, wenn man es rabiaten und gut vernetzten Minderheiten gestattet, der Mehrheit der „Christ*innen“ vorzuschreiben, wie sie zu reden und zu schreiben haben.

Der scheidende Präsident des ZdK soll übrigens im November von einer Frau abgelöst werden. Na, dann is ja alles gut.

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