Ein gewisser Johann Jacob Bauller (1619-87), der zuerst Diakon in Langenau und später Pfarrer in Geißlingen war, hat in seinem Buch Hell-Polirter Laster-Spiegel (Ulm 1681) in „Hundert und Zehen Predigten“ seinen Lesern vorgehalten, „was ein Christ Böses fliehen soll“. Dazu gehört auch das Tanzen, vor allem, wenn es närrische Graubärte danach gelüstet:
So gebührt das Tantzen auch alten Leuten nicht/ vor Jahren haben allein junge Leut getantzet/ da hat man das Tantzen für ein Kinderfreud gehalten/ aber heut zu Tag tantzen auch die alte Graubärt mit herum/ und stellen sich viel närrischer als die jungen.
An anderer Stelle schreibt er kategorisch:
Alte Leut sollen nicht tantzen.
Und er führt gleich zu Anfang allerlei Historisches an:
Es haben sich Leute gefunden/ und gibt deren noch/ benanntlich unter den Calvinisten/ die alles Tantzen als ein un-Christlich/ ungeziemt Werck über einen Hauffen verwerffen/ und als Gottloß und Teufelisch verfluchen. Cicero sagt/ es tantze kein nüchterer Mensch/ er sey dann unsinnig. Scaliger sagt/ er habe nie nichts läppischers in der Welt gesehen/ als das Tantzen. Kayser Albertus I. sagte/ das Jagen sey Männisch/ und das Tantzen sey Weibisch. Kayser Friderich der IV. sagte/ er wolle lieber am Fieber kranck ligen/ als tantzen.
Bauller will das Tanzen aber nicht in Bausch und Bogen verdammen,
obwohl bey den Täntzen gemeiniglich ein schändlich/ leichtfertig/ hoch-ärgerlich/ manchmal auch ein säuisch/ unsinnig Schand-Wesen vorgehet.
Erlaubt ist aber ein „ehrlicher Tantz“,
da Männer und Frauen/ Junge-Gesellen und Jungfrauen/ zu rechter Zeit/ an einem öffentlichen Ort/ mit Wissen und Erlaubnüß der Obrigkeit/ und ihrer Eltern/ entweder bey Hochzeiten/ oder andern Ehrlichen Gesellschafften und Wolleben zusammen kommen/ und in Züchten und Ehren frölich und gutes Muthes mit einander seyn.
Freilich gibt es auch
leichtfertige Täntze/ da unzüchtige/ freche Leute/ zu ungebührlichen Zeiten in heimlichen Huren-Winckeln zusammen kommen/ und deß Fleisches Kützel und Muthwillen zu büssen/ allerley Sünden/ Schand und Laster darbey treiben/ das seyn Huren- und Buben-Täntze/ darbey alle Scham/ Zucht/ Ehr und Erbarkeit ein Ende hat.
Eine Berufsgruppe aber, da bleibt Bauller hart, darf weder ein ehrbares noch ein säuisches Tänzchen wagen:
Beamtete sollen nicht tantzen.
PS: Das Buch ist hier bei Google Books einzusehen. Auch im Deutschen Textarchiv ist es enthalten. Dort steht neben dem Bild der Seite auch der digitalisierte Text mit der wichtigen Suchfunktion zur Verfügung. Leider enthält das offenbar mit einer Texterkennungssoftware (OCR) hergestellte Digitalisat noch viele Fehler.