Sie*er berichtete als Kriegsreporter*in

Wer einen Text wie den folgenden über eine gewisse, mir völlig unbekannte Maria „Masha“ Alexandrovna Gessen formuliert, in die Wikipedia stellt oder dort unwidersprochen stehenläßt, sollte schnellstens einen Psychotherapeuten seines Vertrauens aufsuchen (hier nachzulesen):

Masha Gessen wurde 1967 als Kind einer aschkenasisch-jüdischen Familie in Moskau geboren, seine*ihre Familie emigrierte mit ihm*ihr 1981 aus der Sowjetunion in die Vereinigten Staaten.

Später wurde sie*er Russlandkorrespondent*in des amerikanischen Nachrichtenmagazins U.S. News & World Report. 1991 kehrte sie*er als Journalist*in nach Russland zurück, um den Übergang in die liberale Demokratie journalistisch zu begleiten. Sie*er berichtete als Kriegsreporter*in über Tschetschenien, kommentierte den Aufstieg von Wladimir Putin und die Zeit unter Präsident Dmitrij Medwedew.

Als nichtbinäre Person bevorzugt Gessen, geschlechtsneutral mit dem singularen Fürwort they bezeichnet zu werden.

Daß in der internen Diskussion über diesen Wikipedia-Artikel lang und breit überlegt wird, ob man die jüdische Herkunft der Autorin erwähnen darf, während das absurde, bis zur Lächerlichkeit enstellte Genderdeutsch nicht einmal mehr diskutiert, geschweige denn in Frage gestellt wird, zeigt, wie tief der Sprachfeminismus schon in alle Bereiche des Lebens eingedrungen ist.

Die Wirkung auf unsere schöne Sprache ist verheerend.

PS: Zum „singularen Fürwort they“: ein Adjektiv „singular“ gibt es im Deutschen nicht. Aber is ja wurscht! Wir machen uns die Welt (und die Sprache), wie sie uns gefällt! Denn, so doziert eine Anne Curzan, Professorin an der University of Michigan (hier zitiert):

Am Ende geht es wirklich nur um Respekt: „Meiner Meinung nach gehört das Respektieren der Pronomen der Menschen zum Respekt der Menschen. Und wenn jemand sagt: “Das ist mein Pronomen und mein Pronomen ist they”, dann ist es respektvoll, das Pronomen von jemandem zu benutzen.

Wer hätte das gedacht, daß die richtige Verwendung des Pronomens einmal zu einer Sache des Respekts werden könnte! Wir leben in wunderbaren Zeiten.

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