Eine „weiße Fernsehserie“? Das geht gar nicht!

Es gibt Sätze, an denen auf den ersten Blick nichts Besonderes ist. Sie beschäftigen sich, sagen wir, mit einer Fernsehsendung oder einer Preisverleihung, und es geht bei ihnen nun wirklich nicht um die wichtigen Dinge des Lebens. So scheint es, und doch kann in einem solchen Satz wie in einem Brennglas der Geist der Zeit aufscheinen.

Das Portal „jetzt“ ist das Online-Magazin der Süddeutschen Zeitung. Seine Schreiber sehen aus, als hätten sie grade erst ihr Abitur gemacht, und sie entsprechen dem journalistischen Ideal von heute: jung, weiblich, divers. Garantiert kein Platz für alte weiße Männer. Gestandene Journalisten wie einst Gerd Ruge, Peter Scholl-Latour oder Helmut Schmidt, allesamt durch keinerlei colour geadelt, hätten hier null Chance.

Eine aus dieser Redaktion ist Magdalena Pulz, Jahrgang 1991. Sie hat sich im Januar mit dem „dunklen Erbe der Kolonialreiche“, dem „unheilvollen Zeitalter des Imperialismus“ beschäftigt. Jetzt hat sie andere Probleme.

Die Serie „Emily in Paris“ ist gerade in der Kategorie „Beste Comedy-Serie“ für den Golden Globe Award nominiert worden, eine andere, „I may destroy you“, aber nicht. Frau Pulz ist ungehalten. Damit ihr Urteil von Anfang an auch optisch deutlich wird, stellt sie die beiden Hauptdarstellerinnen im Foto nebeneinander. Links Michaela Coel, die farbige Schauspielerin mit ghanaischen Wurzeln und rot gefärbten Haaren, rechts Lily Collins, die Darstellerin der „Emily“, weiß, brav und „niedlich“. Dort die farbenfrohen, glamourösen People of Colour, hier die biedere langweilige Weiße.

Nach diesem Foto hätte sich Pulz ihren Artikel eigentlich sparen können. Aber sie faßt Ihr Urteil noch einmal zusammen (hier nachzulesen):

Wieso bekommt eine mittelmäßige weiße Serie die Lorbeeren, die eine divers besetzte, wirklich geniale Produktion verdient hätte?

Die „faden Klischees“, die sie der „weißen Serie“ vorwirft, triefen in Wirklichkeit aus ihrem eigenen Text. Emily setzt sich in Paris zwar als Frau durch, aber

sie tut es immer breit lächelnd, in Highheels und Minirock und vor allem mit dieser niedlichen Naivität, die einen einfach erobern muss. Noch dazu ist sie für Kunden des Unternehmens vor allem als Sexualobjekt interessant.

Der differenzierte Kommentar unserer jungen Journalistin dazu: „Kotzwürg.“ Ganz anders dagegen die Serie mit der farbigen Hauptdarstellerin:

Nicht nur ist die Serie inhaltlich relevant (die Hauptdarstellerin arbeitet ein Vergewaltigungstrauma auf), klug, lustig und traurig zugleich. Sie ist auch visuell großartig, innovativ und DANN repräsentiert sie auch noch nicht nur privilegierte, weiße, dünne US-Amerikaner*innen. Für viele Kritiker*innen war IMDY deshalb die Serie des Jahres.

Gerade dieses „deshalb“ ist unfreiwillig entlarvend. Die Kämpferinnen gegen „Rassismus“ und „Sexismus“ haben ja recht, aber ganz anders, als sie es meinen. Sie selbst sind nämlich die neuen Rassisten, denn wer einen Film vor allem deshalb lobt, weil er keine „privilegierten, weißen, dünnen US-Amerikaner*innen“ enthält, dem sollte man sein eigenes Verdikt entgegenschleudern; „Kotzwürg!“ Einen Chefredakteur, der sich der jungen, unbedarften Mitarbeiter annimmt und ihnen wenigstens die Grundbegriffe des Journalismus beibringt, scheint es in Online-Medien kaum mehr zu geben.

Nur noch ein Wort zum wieder beliebt gewordenen Begriff „Sexualobjekt“. Wer in meinem Alter ist, hat diesen Begriff, der immer mit betont vorwurfsvoller Miene und streng tadelnd verwendet wird, schon vor einem halben Jahrhundert kennengelernt. Jetzt wird er also wieder aufgewärmt. Dabei ist die Sache doch relativ einfach, und man braucht dazu keine Ideologie und auch keinen journalistischen Beistand. Die Frau wird zum Sexualobjekt des Mannes, und der Mann wird zum Sexualobjekt der Frau. Genau das nennt man: Sexualität. Zwei Subjekte werden für einander zum Objekt – kann es etwas Schöneres, Aufregenderes, Spannenderes geben im Leben?

Wer freilich am liebsten in lauter Opferseligkeit versinkt, der möchte von so einem natürlichen Glück nichts mehr wissen und sucht selbst in einer Comic-Serie verzweifelt nach Traumata, Mißbrauch und „sexistischen“ Narrativen. Und natürlich nach Schauspielern, die eines auf keinen Fall sein dürfen: dünn, weiß und privilegiert. Ideal wären dann also dicke Farbige aus der Unterschicht? Schwul oder trans könnte auch nicht schaden.

Schon ein bißchen armselig, oder?

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