An dieser Stelle will ich in unregelmäßigen Abständen von Wörtern erzählen, wie man sie nur in alten Büchern findet – in diesem Fall in einer Ausgabe von Dudens „Orthographischem Wörterbuch der deutschen Sprache“ (8. Auflage 1908).
„Protzen“ ist ein Wort, das jeder kennt: es bedeutet laut Duden soviel wie
in der Absicht, Neid oder Bewunderung zu erwecken, eigene [vermeintliche] Vorzüge oder Vorteile in prahlerischer Weise zur Geltung bringen.
„Prahlen“ hätte als Erklärung auch genügt, aber der Duden neigt hin und wieder zu einer gewissen Umständlichkeit beim Definieren.
Aber – was um alles in der Welt bedeutet dann „abprotzen“? Das Protzen gehört ja zu den beliebten Ausdrucksmitteln von Menschen, die es für nötig halten, ihr Licht (ihr vermeintliches Licht, würde der Duden da zurecht einschränken!) nicht unter den Scheffel zu stellen. Das Gute zu tun, ohne alle Welt lautstark darauf aufmerksam zu machen – das geht bei Menschen, die man heute als Protzende bezeichnen würde, gar nicht.
Es war einmal ein Bischof (so mancher wird sich an ihn erinnern), der wollte mit dem Geld seiner Schäflein sein Haus mit gar edlen und kostbaren Dingen ausstatten, darum nannte man ihn überall im Land den Protzbischof. Könnte es nicht sein, daß man ihn damals mit dem energischen Zuruf „du protzest jetzt gefälligst ab!“ zur Vernunft hätte bringen können?
Es wäre zu schön gewesen. Aber ob der Bischof, der jetzt in Rom sein Auskommen hat und bester Laune ist, tatsächlich abgeprotzt hätte? Eher unwahrscheinlich.
Jetzt wollen wir das Geheimnis aber lüften. Das Wort „abprotzen“ hat nämlich mit Angeberei und ähnlichen Charakterfehlern rein gar nichts zu tun. Es geht auf das alte Wort „Protze“ (ital. birazzo) zurück, und noch älter ist das Wort „Protzwagen“. Beides beschreibt nach dem Grimmschen Wörterbuch den „vorderwagen der geschütze“. Ein Geschütz ist nämlich auf einem fahrbaren Gestell mit einer Achse und zwei Rädern befestigt, der Lafette. Damit man nun das Geschütz bequem transportieren kann, verbindet man die Lafette mit einem ebenfalls zweirädrigen „Vorderwagen“, eben der Protze. So entsteht ein vierrädriges Gefährt, das von Pferden gezogen werden kann. Auf der Protze kann sogar (Bild unten) ein Kutschbock befestigt sein. Wenn das Geschütz zum Einsatz kommen soll, trennt man es von von der Protze, es wird dann, wie man sagt, „abgeprotzt“.
So, jetzt wissen Sie, was eine Protze ist, und wenn sich die Gelegenheit ergibt, können Sie mit diesem neuen Wissen – protzen!