Die Geschichte von der Segnung der Kinder, die in den „synoptischen Evangelien“, also bei Matthäus, Markus und Lukas, überliefert ist, kennen auch eingefleischte Atheisten. „Lasset die Kindlein zu mir kommen“, hieß es noch in den älteren Bibelausgaben, heute sind aus den „Kindlein“ (in der lateinischen Vulgata parvuli) fast überall „Kinder“ geworden, so auch in der neuen Lutherübersetzung (Markus 10, 14):
Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen gehört das Reich Gottes.
Ob Jesus da die jungen Aktivisten von heute mitgemeint hätte? Wohl eher nicht. Aber die reden, obwohl sie nun wirklich keine Kinder mehr sind, immer noch wie die Kindlein und nennen den Hambacher Forst „Hambi“ und den Dannenröder Wald „Danni“. Die Reifeverzögerung, die sich in der Sprache abbildet, ist ein weitverbreitetes, schon oft beschriebenes Phänomen in den Wohlstandgesellschaften des Westens. Überversorgt, überbehütet, oft nicht einmal fähig, mit ganz alltäglichen Kränkungen fertigzuwerden, rufen sie überall nach dem Schutz des Gesetzes. Eine Kultur der Weinerlichkeit hat diese Generation erfaßt, die vor allem Unangenehmen beschützt werden will: vor schlimmen Wörtern (wie „Nigger“ in Mark Twains Huckleberry Finn oder dem „Negerkönig“ in Pippi Langstrumpf), vor „ungerechter“ Sprache, sogar vor unschuldigen Komplimenten wie dem Vergleich von Frauen und Blumen in Gomringers Gedichtzeile
Alleen und Blumen und Frauen und ein Bewunderer.
„Werdet endlich erwachsen!“ – das ist das einzige, was man diesen wehleidigen, in der Kindlichkeit steckengebliebenen Menschen zurufen möchte.
Ohne Erfolg, fürchte ich.