Wörter können sein wie winzige Arsendosen

Die Schriftstellerin Ulla Hahn hat vor einiger Zeit in einem Gastbeitrag in der F.A.Z. (er kann leider nur noch kostenpflichtig abgerufen werden) Beherzigenswertes über unseren Umgang mit der Sprache niedregeschrieben. Sie zitiert unter anderem Victor Klemperer, der in seinem Buch „LTI – Notizbuch eines Philologen“ die Sprache des Dritten Reiches Wort für Wort untersucht hat. Klemperer schreibt über diese Propagandasprache:

Der Nazismus glitt in Fleisch und Blut in die Menge über durch Einzelworte, die Redewendungen, die Satzformen, die er ihr in millionenfachen Wiederholungen aufzwang und die mechanisch und unbewusst übernommen wurden. Worte können sein wie winzige Arsendosen: sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.

Und ein (angeblich) noch viel älteres Zitat führt Ulla Hahn in ihrem Beitrag an:

Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.

Diese Sätze sollen aus dem Talmud stammen, aber weder dort noch bei vielen anderen Quellen, die das Internet anbietet, sind sie je gefunden worden.

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