Späte Einsicht

James Mattis teilte das Schicksal fast aller engeren Mitarbeiter des amerikanischen Präsidenten: er wurde geheuert und gefeuert, auch wenn sein Abschied nach nur zwei Jahren als Rücktritt dargestellt wurde. Dann ist es ruhig geworden um Mattis.

Jetzt hat er sich in einem Gastbeitrag in dem Magazin „The Atlantic“ mit Sätzen zurückgemeldet, denen wenig hinzuzufügen ist:

Donald Trump is the first president in my lifetime who does not try to unite the American people—does not even pretend to try. Instead he tries to divide us. We are witnessing the consequences of three years of this deliberate effort. We are witnessing the consequences of three years without mature leadership. We can unite without him, drawing on the strengths inherent in our civil society. This will not be easy, as the past few days have shown, but we owe it to our fellow citizens; to past generations that bled to defend our promise; and to our children.

Auf deutsch:

Donald Trump ist der erste Präsident in meiner Lebenszeit, der nicht versucht, das amerikanische Volk zu einen – der nicht einmal vorgibt, das zu versuchen. Stattdessen versucht er, uns zu entzweien. Wir sind Zeugen der Folgen dieses drei Jahre währenden Bemühens. Wir sind Zeugen der Konsequenzen von drei Jahren ohne reife Führung. Wir können uns ohne ihn vereinen und dabei Kraft aus der Stärke unserer Zivilgesellschaft ziehen. Das wird nicht leicht sein, wie die vergangenen paar Tage gezeigt haben, aber wir schulden es unseren Mitbürgern, den vorangegangenen Generationen, die ihr Blut vergossen haben, um unsere Versprechen zu erfüllen, und wir schulden es unseren Kindern.

Und er fügt hinzu:

Als ich meine militärische Laufbahn begann, leistete ich einen Eid auf die Verfassung. Ich dachte nicht im Traum daran, daß irgendwann einmal Truppen, die denselben Eid geschworen haben, den Befehl erhalten würden, die verfassungsmäßigen Rechte ihrer Mitbürger zu verletzen, geschweige denn für einen bizarren Fotoauftritt des Oberbefehlshabers zu sorgen, bei dem die Militärführung danebensteht.

Das ist alles richtig, und wer könnte sich etwas Obszöneres vorstellen als diesen „prahlerischen Hanswurst“ (so hat ihn der der große amerikanische Schriftsteller Philip Roth genannt), der sich, von seinen Hofschranzen umringt und eine Bibel in der hochgereckten Hand, vor eine Kirche für die Fotografen in Szene setzt? Aber die Einsicht kommt spät.

Die Erkenntnis, was für ein Präsident da im Amte ist, war womöglich bei Mattis schon länger da, vielleicht wollte er, als er seine Berufung ins Amt des Verteidigungsministers übernahm, auch nur das Schlimmste verhüten. Aber jetzt hat er seine Meinung öffentlich (und kraftvoll!) ausgesprochen, und das wird andere, denen es bisher an Mut gemangelt hat, hoffentlich dazu ermuntern, zu Trump nicht länger zu schweigen.

Amerika hat diesen Präsidenten gewählt, aber es hat ihn nicht verdient.

PS: Den Gastbeitrag von James Mattis können Sie hier im Wortlaut nachlesen.

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