„Nazis“ und „Faschisten“, wohin man blickt

Von Nazis und Faschisten dürfe man sich nicht wählen lassen, heißt es auf einmal überall im Land. SPD, Grüne und die Linke verwenden diese historisch relativ klar definierten Begriffe in der Thüringenkrise mit einer Nonchalance, die jeden historisch Interessierten (und erst recht jeden Fachhistoriker!) bestürzen muß.

Aber im Grunde handelt es sich hier gar nicht um „Begriffe“, sondern um inhaltslos gewordene Schimpfwörter, mit denen man den politischen Gegner herabsetzen möchte. Die Rechtspopulisten, die jedem Andersdenkenden das Etikett „Antifa“ anheften, zeigen dabei die gleiche historische Unbedarftheit wie ihre Gegner.

Der Historiker Heinrich August Winkler warnt zurecht (hier nachzulesen):

Der inflationäre Gebrauch des Begriffs „Faschismus“ führt letztlich zu einer Verharmlosung des Faschismus.

Winkler weist auch darauf hin, daß die NSDAP in der Weimarer Republik keineswegs die einzige Partei am rechten Rand war. Zur AfD schreibt er:

Sie ist am ehesten mit den Deutschnationalen der Weimarer Zeit zu vergleichen. Die Deutschnationale Volkspartei war eine antidemokratische, nationalistische und reaktionäre Rechtspartei mit einem starken völkisch-rassistischen Flügel. Es gehört ein hohes Maß an Geschichtsvergessenheit dazu, in die Fußstapfen dieser Partei zu treten.

Wiederholen wird sich Weimar natürlich nicht, über 80% der Deutschen wollen mit der AfD nichts zu tun haben. Aber bestimmte Erscheinungsformen des Rechtsextremismus und der politischen Verrohung, wie wir sie aus der Weimarer Republik kennen, sind in Ansätzen schon vorhanden: die Beschimpfung und Verächtlichmachung des politischen Gegners, die Verbreitung von Hetze und Hysterie in einer Art „Dauerfeuer“ und die körperliche Bedrohung von Politikern und ihren Familien, bis hin zum politisch motivierten Mord.

Den Anfängen muß man wehren, aber man sollte es mit Gelassenheit und ohne Hysterie tun. Mit der Unterstützung von 80% der Bevölkerung (ein Zeichen politischer Reife!) und den ausreichend vorhandenen juristischen und polizeilichen Werkzeugen sollte man die Extremisten in Schach halten können.

Dieser Beitrag wurde unter Politik veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert