Dieter Wieland – oder: Ein kleines Loblied auf einen großen Mann

Kennen Sie Dieter Wieland? Nein?

Haben Sie dann wenigstens schon einmal von den Dokumentationsreihen Topographie und Bauen und Bewahren im Bayerischen Fernsehen gehört? Auch nicht?

Dann sind Ihnen einige der Sternstunden des deutschen Fernsehens entgangen. Aber der Reihe nach!

Irgendwann Anfang der 80er Jahre hat unser Vermieter eine neue, bessere Antenne aufs Dach gestellt – und plötzlich konnten wir das Bayerische Fernsehen empfangen. Unser hessisches Programm  war schon damals ein bißchen – na, nennen wir es: provinziell, und plötzlich konnten wir einen Sender empfangen, der zwar (im besten Sinne des Wortes!) heimatverbunden, aber ganz und gar nicht provinziell war.

Eines Tages stießen wir dann zufällig auf eine Sendung, die schlicht und einfach „Der Zaun“ hieß. Eine halbe Stunde nur über Zäune – langweilig, könnte man denken, fad, was soll man schon über Zäune sagen! Aber die Sendung war, wie man es im angelsächsischen Sprachbereich nennt, ein eye opener. Wer diese Sendung gesehen hat, ist nie wieder der Versuchung erlegen, sein Haus mit einem Jägerzaun aus dem Baumarkt zu begrenzen. Ein Steckerlzaun mußte es sein, wie ihn die alten Bauerngärten hatten.

Und dann diese Stimme! Schon der erste Satz von Wieland zog einen fast hypnotisch in das Thema hinein, es ist eine ungewöhnlich ruhige, langsame, bedächtig formulierende Stimme, die von seiner bayerischen Heimat angenehm gefärbt ist – aber man täusche sich nicht: jedes Wort ist mit Bedacht gewählt, und die Sätze gleichen oft Giftpfeilen.

Genauso behutsam bewegt sich die Kamera: ruhig, ohne jede Hektik, illustriert sie den Kommentar in langen Einstellungen. Da gibt es keine keine aufgesetzten Mätzchen, keine musikalischen crescendi – nichts wird oberflächlich aufgepeppt.

Nach dem Zaun kamen die Tür, das Dach, das Fenster, dann der Garten, der Hausbaum – und oft waren es wunderbare Titel, wie z.B. „Die große Kunst, ein kleines Haus zu bauen“. Das ist überhaupt typisch für Wieland: so rabiat, wie er – zurecht! – die ganzen Scheußlichkeiten des modernen Bauens aufzeigt, so unermüdlich ist er gleichzeitig immer und überall auf der Suche nach guten Vorbildern, nach immer noch bestehenden Häusern, Gärten, Städten, die sich einfügen in die Natur, die uns zeigen, daß man bauen kann, ohne sich an der Natur und der Tradition zu versündigen.

Gleich nach der Wende ist er in den Osten gefahren, um dort zu sichten, was erhaltenswert ist. So sind kundige, wunderbar erhellende Filme z.B. über Görlitz, Dresden und das Dessau-Wörlitzer Gartenreich entstanden.

Schade, daß er – mittlerweile Mitte siebzig – ein bißchen melancholisch geworden ist (nachzulesen hier in einem Interview in der F.A.Z. vom 16. Juli 2011). Aber andererseits: das ist ein Los, das jedem beschieden ist, der heute aufklärerisch wirkt, egal in welchem Medium. Auch Horst Stern ist es so gegangen.

Bedauerlich ist nur, daß im Shop des Bayerischen Rundfunks nicht ein einziger von Wielands wirklich herausragenden Filmen mehr zu haben ist. Dabei ist das doch ein Pfund, mit dem man wuchern könnte!

Dieser Beitrag wurde unter Architektur, Fernsehen und Presse, Sonstiges veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Dieter Wieland – oder: Ein kleines Loblied auf einen großen Mann

  1. Kalle Bock sagt:

    Das Bayrische Fernsehen bietet 20 Dieter Wieland Filme für 200 Euronen an. Einfach den Namen dort unter Suchen eingeben. Die Internet Bestellung hat bei mir nicht funktioniert aber über das Telefon war die Bestellung vollkommen unproblematisch.

    Mit freundlichen Grüßen
    Kalle B.

  2. Lupulus sagt:

    Nicht ganz billig, aber trotzdem schön, daß das Bayerische Fernsehen Dieter Wieland doch nicht ganz vergessen hat – und vielen Dank für den Tipp!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert