„Thank you, Boris“? Nein, wirklich nicht!

„Thank you, Boris!“ So bedankt sich Joe Evans in einem Kommentar auf ZEIT Online (natürlich mit einigem Hintersinn!) bei Boris Johnson.

Warum? Er sei nicht langweilig.

Theresa May dagegen, eine wirkliche (und aufrichtige) Politikerin, die an die Grenze ihrer Kräfte gegangen ist, um aus dem katastrophalen Referendum das Beste für ihr Land zu machen, erscheint dann als „farblos“ und „roboterhaft“ (so Evans).

So ein Urteil ist nur dann folgerichtig, wenn man Politik als eine Abfolge unterhaltsamer, spannender Events betrachtet und keinen Unterschied mehr macht zwischen Netflix und der Wirklichkeit des Lebens. Wenn man Politiker aus Fleisch und Blut so beurteilt wie ein binge watcher die Figuren einer Fernsehserie, kämen etwa Trump und Putin ganz groß raus. Der eine reißt sich mit kinoreifen Aktionen Teile der Ukraine unter den Nagel, der andere übertrifft alles, was je in TV-Serien über skurrile oder kriminelle Machenschaften im Westflügel des Weißen Hauses gezeigt wurde.

Wenn Boris Johnson tatsächlich, wie es in dem Artikel heißt, der beliebteste konservative Politiker in Großbritannien ist, dann kann das nur daran liegen, daß auch dort immer mehr Menschen von der Politik dasselbe verlangen wie von den Drehbüchern ihrer Fernsehserien.

Hauptsache spannend!

Aber diese verbreitete Vermischung von Fiktion und Wirklichkeit ist gefährlich. Charisma kann in der Politik nicht schaden, aber die meiste Zeit bringt auch der Politiker mit „Mühe und Arbeit“ zu, mit umständlichen Beratungen in Ausschüssen, mit mühsam zustandegekommenen Kompromissen, mit viel Bürokratie, also mit all dem, was kein normaler Bürger gern auf sich nehmen würde. Es sind diese „farblosen“ und „roboterhaften“ Politiker, die mit ihrer „langweiligen Arbeit“ eine Demokratie erst möglich machen – und sich dann auch noch dafür beschimpfen lassen müssen.

Typen wie Boris Johnson steigen in solche Niederungen nicht hinab, sie sind Schauspieler, Demagogen, Aufwiegler. Für sie ist alles nur ein Spiel, und sie spielen nur mit, wenn sie die Hauptdarsteller sind.

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