Ältere Menschen werden noch das Wort „Respektsperson“ kennen. Der Lehrer war vor langer Zeit so eine Respektsperson (und noch kein „fauler Sack“!), der Pfarrer, der Richter, der Arzt, der Polizist. Sie alle waren Menschen, denen man schon von Berufs wegen Respekt entgegenbrachte. Auch die eigenen Eltern gehörten früher, zumindest für ihre Kinder, zu den Respektspersonen.
Aber was bedeutet Respekt eigentlich?
Es kommt wieder einmal aus dem Lateinischen. Das Verb respicere bedeutet laut Georges wörtlich „zurücksehen, hinter sich sehen“, im übertragenen Sinne dann auch „für etwas sorgen, auf etwas sehen, etwas beachten“. Wie man im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm nachlesen kann, ist dann im 17. Jahrhundert das Substantiv „Respekt“ (damals meist noch „Respect“ geschrieben) in der Bedeutung „Achtung, Ehrerbietung“ aus dem Französischen ins Deutsche aufgenommen worden. Diese Bedeutung hat es heute noch, es kann sogar, im verstärkten Wortsinn, „ehrerbietige Scheu“ bedeuten.
Heute hat das Wort immer öfter einen Migrationshintergrund: viele junge Männer aus der Türkei, die in meinem Land leben, fordern etwas ein, was sie selbst überhaupt nicht gern gewähren (uns Deutschen schon gar nicht): Respekt. Mit Achtung, Ehrerbietung oder gar ehrerbietiger Scheu hat das freilich nichts zu tun, eher mit viel Testosteron und nationaler Überheblichkeit.
Respekt zollt man nämlich nur dem, der es verdient: den eigenen Eltern zum Beispiel, die viele Opfer auf sich nehmen, um ihre Kinder zu anständigen Menschen zu erziehen, oder dem Polizisten, der seine Gesundheit, manchmal sogar sein Leben riskiert, um uns zu beschützen.
Einem schlecht erzogenen jungen Mann muß ich nun wirklich keinen Respekt erweisen.
Aber auch bei uns ist zusammen mit dem Wort auch der Respekt selbst auf dem Rückzug. Es genügt, wie fast immer, ein Blick ins Internet: da artikuliert sich vor allem der Pöbel, der zwar keinen einzigen richtig geschriebenen Satz zustandebringt, aber (buchstäblich!) vor nichts Respekt hat. Es wird – unter dem Schutz der Anonymität – nur noch denunziert, geflucht, gepöbelt. Tugenden wie Besonnenheit, Klugheit, Gelassenheit – wo findet man die noch? Gerade das sind Tugenden, die heute ganz besonders wichtig wären.
Aber da gilt: was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.