Ich habe bei Max Weber, der mit den Bezeichnungen „Soziologe“ oder „Nationalökonom“ nur sehr unzureichend beschrieben wird (er war nämlich ein äußerst regsamer Geist auf vielen Gebieten!), ich habe also bei Max Weber eine Bemerkung gefunden, die ich gern mit meinen Lesern teilen möchte.
In seiner Vorbemerkung zu den „Gesammelten Aufsätzen zur Religionssoziologie“ widmet er sich auch dem Kapitalismus – und überrascht mit der Aussage, das Streben „nach möglichst hohem Geldgewinn“ habe „an sich mit Kapitalismus gar nichts zu schaffen“. Und er fährt fort:
Schrankenloseste Erwerbsgier ist nicht im mindesten gleich Kapitalismus, noch weniger gleich dessen „Geist“. Kapitalismus kann geradezu identisch sein mit Bändigung, mindestens mit rationaler Temperierung, dieses irrationalen Triebes.
Streben nach Gewinn ja, aber im „kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb“. Weber unterscheidet also das Unternehmen, in dem vernünftig und nachhaltig (hier ist das Wort angebracht!) gewirtschaftet wird, von der irrationalen „Erwerbsgier“ – eine interessante und (leider!) höchst aktuelle Unterscheidung. Diese Gier, schreibt er, ist keineswegs für den Unternehmer typisch, sie
fand und findet sich bei Kellnern, Aerzten, Kutschern, Künstlern, Kokotten, bestechlichen Beamten, Soldaten, Räubern, Kreuzfahrern, Spielhöllenbesuchern, Bettlern.
Das ist also die illustre Nachbarschaft, in die auch unsere heutigen Zocker und Finanzjongleure gehören. Die Unvereinbarkeit aber zwischen rationalem Wirtschaften und schrankenloser Gier, die Max Weber herausgearbeitet hat, kann heutzutage, da die Gier in der Wirtschaft fest etabliert ist, gar nicht genug betont werden.