Angela Merkel hatte schon oft ein feines Gespür für die Stimmung im Land. Man denke nur an die deutsche Fukushima-Hysterie 2011, die sie ohne Zögern zur Abschaltung von Kernkraftwerken und zu einer (in meinen Augen) unverantwortlichen und grundfalschen „Energiewende“ benutzt hat. Aber in der Flüchtlingsfrage ist sie seit einiger Zeit von allen guten Geistern verlassen.
Nicht die Grenzöffnung war ihr Fehler, sondern die dilettantische Ausführung in den beiden darauffolgenden Jahren – und der Starrsinn, mit dem sie jetzt auf den dringenden Handlungsbedarf nicht reagiert und alle auf eine „europäische Lösung“ vertröstet.
Aber alles, was Söder und Seehofer fordern, ist recht und billig.
Daß man Flüchtlinge, die schon in einem anderen EU-Land registriert sind, gar nicht erst ins Land läßt, ist nur die Ausführung von geltendem EU-Recht. Und es erspart eine Menge Geld und Ärger, denn wer erst einmal im Land ist, muß versorgt werden, und er wird sich vor Gericht, unterstützt und ermuntert von verantwortungslosen „Hilfsorganisationen“ bis zur letzten Instanz gegen seine Abschiebung wehren, auch wenn das Verfahren aussichtlos ist. Die Rückführung in die Heimat kostet noch einmal viel Geld.
Das alles kann man vermeiden, man muß es vermeiden.
Aber warum ist die Kanzlerin gerade in diesem Punkt so stur? Sie kann doch nicht im Ernst glauben, daß es jetzt, wo zu den rabiaten osteuropäischen Staaten noch eine bizarre Koalition in Italien dazugekommen ist, eine „europäische Regelung“ geben wird. Da verläßt sie ihr Gespür für das Notwendige offenbar vollständig, da ist sie trotzig, wo sie es auf keinen Fall sein dürfte. Aber warum?
Niemand weiß es.
Dabei geht es doch jetzt nicht um Ideologisches, sondern um die Lösung praktischer Probleme. Deutschland hat mehr Flüchtlinge aufgenommen als jedes andere europäische Land, aber darunter haben sich leider am Ende der Völkerwanderung von 2015 viele Menschen gemischt, die einfach nur auf ein besseres Leben aus waren. Damit ich nicht falsch verstanden werde: das ist nicht ehrenrührig, im Gegenteil, und viele von uns würden sich in der gleichen Situation – im Sinne eines pursuit of happiness – wie sie auf den Weg ins Glück machen. Aber verfassungsmäßig geboten ist nun einmal nur die Aufnahme politisch Verfolgter (Art 16a GG). Alle anderen, die hier leben wollen, sollten ihren Wunsch im Rahmen eines Einwanderungsgesetzes äußern, aber gerade einem solchen Gesetz verweigert sich die CDU seit langem.
Das alles könnte man fast tragisch nennen, denn es hat unmittelbare Folgen für unsere Demokratie: von der Unfähigkeit der CDU, das in den Augen vieler Menschen brennende Flüchtlingsproblem sachlich, aber energisch anzugehen, profitieren die Demagogen an den Rändern. Die CSU hat das begriffen, die CDU – und das liegt in erster Linie an der Kanzlerin – leider nicht.
A bisserl Österreich à la Kurz würde der deutschen Demokratie guttun – allein schon, weil es den Haßpredigern der AfD den Wind aus den Segeln nehmen würde.