Philip Roth ist tot

Jetzt ist er also gestorben, der große amerikanische Schriftsteller, mit 85 Jahren. Kein biblisches Alter, aber am Ende war er sicher wie Hiob „alt und lebenssatt“. Das sollte man übrigens nicht mit „des Lebens überdrüssig“ verwechseln: „lebenssatt“ heißt nicht, daß man das Leben (umgangssprachlich) „satthat“ und den Tod herbeisehnt. Eher bedeutet es so etwas wie ruhige Vollendung, Altersgelassenheit, nachdem man alle Höhen und Tiefen des Lebens schon hinter sich hat.

Eine Vollendung hat Roth nicht mehr erlebt: den (hochverdienten!) Nobelpreis. Auch wenn er selbst keinen großen Wert auf solche Ehrungen gelegt hat, ist man über diese Mißachtung zurecht empört. Was hat man in den letzten Jahrzehnten in Stockholm nicht alles an mediokren Schriftstellern geehrt, und wie viele von ihnen sind schon kurz nach der Preisverleihung wieder in Vergessenheit geraten! Wenn man an die Interna denkt, die jetzt über die Arbeit des Komitees an die Öffentlichkeit gelangt sind, wundert man sich über gar nichts mehr.

Für einen Schriftsteller, der seinen Beruf ernst nimmt, ist es aber ohnehin wichtiger, daß er gelesen, als daß er gelobt oder geehrt wird. Lessing hat das in vier Zeilen wunderbar auf den Punkt gebracht (es geht um den Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock, dessen Messias damals in aller Munde war):

Wer wird nicht einen Klopstock loben?
Doch wird ihn jeder lesen? Nein.
Wir wollen weniger erhoben
Und fleißiger gelesen sein.

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