Ein Wunder, ein Wunder! Alles, was links, grün, liberal und „humanistisch“ ist, entdeckt auf einmal seine Liebe zum Kreuz!

Seit Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert das Christentum zur Staatsreligion erhoben hat, diskutiert man (und zwar zurecht!) darüber, ob damit nicht der christliche Glaube zu seinem eigenen Nachteil vom Staat vereinnahmt und (wie man heute sagen würde) instrumentalisiert worden ist. Dabei ist das Verhältnis von Staat und Kirche ja schon durch ein Jesuswort (Matthäus 22,21) thematisiert worden:

Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.

Erledigt war das Problem damit freilich nicht, und die Spannung zwischen dem christlichen und dem bürgerlichen Leben wird vermutlich bleiben, solange es den Menschen und die Religion gibt.

Eine eher komische Variante dieser Diskussion findet gerade im Deutschland des Jahres 2018 statt. Hier könnte man fast an die Bemerkung von Karl Marx im „Achtzehnten Brumaire des Louis Bonaparte“ denken: daß nämlich geschichtliche Ereignisse zweimal stattfinden – „das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce“.

Der neue bayerische Ministerpräsident Söder hat bekanntlich angeordnet, daß im Eingangsbereich aller Behörden in Bayern ein Kreuz anzubringen sei. Das ist eine Entscheidung, die natürlich auch mit den kommenden Wahlen zusammenhängt, aber doch nicht nur. Es ist eine Kampfansage, ja – aber gar nicht so sehr gegen andere Religionen (ich habe bisher noch keinen Aufschrei von Muslimen, Buddhisten, Hindus u.a. gegen Söder gehört), sondern gegen die Religionsfeinde im links-grün-liberalen Milieu, die immerfort alle Religionen der Welt beschützen möchten (den Islam vor allem!), nur nicht unsere eigene Religion, das Christentum.

Man möchte sich kugeln vor Lachen, wenn man jetzt liest, wer alles das Kreuz und das Christentum gegen Söder (!) verteidigt.

Zum Beispiel die FDP. Söder, so der FDP-Chef Lindner (von dem man in letzter Zeit gottlob nicht mehr viel gehört hat), habe

das Kreuz zu einem Symbol unserer Kultur, unseres Staates erklärt, damit profanisiert.

Lindner kennt offenbar nicht einmal das richtige Wort: profanieren heißt es nämlich im Deutschen, also entweihen, entwürdigen, und nicht etwa profanisieren. Lindner weiter:

Gläubige Christen muß es empören, daß er aus ihrem Symbol ein Symbol des Staates macht.

Ja, die FDP war schon immer eine Heimstatt des christlichen Glaubens, gell?

Auch die Grünen toben wie die Heiden:

Das Kreuz ist das wichtigste christliche Zeichen. Dieses Symbol wird durch plumpes Wahlkampfgetöse von Markus Söder missbraucht. Wem nützt es, den Amtsstuben, den Menschen ein Kreuz aufzuzwingen? Das Kreuz ist nicht Folklore. (Katrin Göring-Eckardt)

Das Neue Deutschland, das beim Lesen nicht etwa einem neuen, sondern eher einem ziemlich alten, abgestandenen Deutschland gleicht, spricht in ehrlicher Offenheit von der

gar nicht so unsympathischen Kunstfigur Jesus,

und tischt dann, gewohnt vulgär, das linke Märchen auf, daß im Grunde das Abendland ohne den Islam – ein Nichts wäre:

Die vom Christentum zunächst so hartnäckig bekämpften Wissenschaften stammten in erheblichen Teilen entweder aus dem arabisch-osmanischen Raum oder hatten dort als Erbe der griechischen Antike überwintert, bis man sie in der früheren Neuzeit in den »Westen« importierte oder »wiederentdeckte«. Denn anderswo herrschte, während in Europa Häretiker gefoltert und Hexen verbrannt wurden, ein offeneres Klima.

Dem Herrn Redakteur, der solche Gelehrsamkeit verbreitet (er heißt Velten Schäfer und ist, wie ihn sein eigenes Blatt beschreibt, ein „passionierter Skateboarder“, der „kenntnisreich“ die politische Geschichte kommentiert), ist das erfreuliche Eintreten der CSU für das Christentum, das im übrigen auch der CDU gut anstünde, nur „Geschichtsblödsinn“.

Da erübrigt sich jeder Kommentar.

Nicht fehlen dürfen bei diesem Thema jene Berufsatheisten, die sich unter ihrem Häuptling Michael Schmidt-Salomon (ausgerechnet!) den Namen Giordano-Bruno-Stiftung gegeben haben. Söders Vorstoß sei ein „klarer Verfassungsbruch“:

Tatsache ist nämlich, dass die deutsche Rechts- und Gesellschaftsordnung seit der Entfernung christlicher Sittlichkeitsparagraphen aus dem Strafgesetzbuch … nicht mehr christlich geprägt ist.

Deshalb soll es Söder jetzt an den Kragen gehen:

Wir fordern die bayerische Staatsregierung auf, den Beschluss zurückzunehmen. Ansonsten werden wir als Humanisten und Konfessionsfreie alle Mittel einsetzen, um das Anbringen von Kreuzen zu verhindern. Die Palette der Maßnahmen ist groß und reicht vom Boykott des Betretens öffentlicher Einrichtungen bis hin zum Rechtsweg durch alle Instanzen.

Also, da wird die bayerische Staatsregierung jetzt aber zittern vor Angst! Besonders die Drohung, Behörden, die mit einem Kreuz versehen sind, nicht mehr zu betreten, wird Söder endgültig in die Knie zwingen.

Die AfD hat ja schon vor längerer Zeit ihre Anhänger aufgerufen, aus den christlichen Kirchen auszutreten (Armin Paul Hampel: „In dem Verein sollte keiner von uns mehr Mitglied sein“). Da freut man sich fast, daß nicht auch noch Frau Dr. Alice Weidel das Kreuz in Schutz nimmt:

Das christliche Kreuz verkommt zu einem Wahlkampf-Accessoire, während die Union nicht gewillt ist, unsere Grundwerte mit echten Taten zu schützen. Viel wichtiger als ein Kreuz im Eingangsbereich ist die Frage, wer unter diesem hindurch schreitet, um sich vom deutschen Sozialsystem zu bedienen, während er gleichzeitig unsere Kultur und Werte verachtet … Weder wird die Kriminalitätsrate durch solche Schaufenster-Aktionen sinken, noch werden die gigantischen Probleme für unser Sozialsystem dadurch gelöst. Hier bedarf es des Willens, politisch durchzugreifen.

Wie gut, daß man dieser armseligen Ein-Thema-Partei niemals die Chance geben wird, „politisch durchzugreifen“.

Und was sagt „das Netz“ zur Kreuz-Affäre?

„Im Netz“, liest man auf tagesschau.de, „fängt sich Söders Vorstoß reichlich Häme und Kritik ein“.

Aber jetzt muß ich dich, liebe Tagesschau, schon einmal fragen: hast du es wirklich nötig, immerfort zu fragen, was „das Netz“ zur Politik sagt? Hast du nicht eigene Journalisten genug? Hast du vielleicht noch gar nicht gemerkt, daß „das Netz“ nicht etwa ein Ort voll kluger Einsichten und bedenkenswerter Wortmeldungen ist, sondern ein Ort, wo sich Dummköpfe, Verschwörungstheoretiker, Analphabeten, die nicht einen einzigen fehlerfreien Satz zustandebringen, und überhaupt geistig Arme jeder Couleur ein Stelldichein geben? Wo nur noch Haß und Häme herrschen? Wo jeder Andersdenkende sofort niedergebügelt wird?

Aus solchen Wortmeldung zu zitieren, ist einfach unanständig. Ein guter Journalist hat das nicht nötig.

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