Die Meinungsfreiheit wird in den USA von innen ausgehöhlt

Es sind erschütternde Zahlen, die man in einem Artikel der F.A.Z. unter dem Titel „Vielfalt statt Freiheit“ lesen muß:

Einer neuen Umfrage des Gallup Instituts und der Knight Foundation zufolge sind Vielfalt und Inklusion 53 Prozent der amerikanischen Studenten wichtiger als Meinungsfreiheit … Erstmals sind sie mehrheitlich der Überzeugung, dass Vielfalt … nur durch Einschränkung der Meinungsfreiheit erreicht werden kann.

Immerhin 37 Prozent der Befragten finden es in Ordnung, zu diesem Zweck einen Redner niederzubrüllen.

Und das tun sie immer öfter, weil sich im „Land der Freien“ – the land of the free and the home of the brave heißt es in der US-Hymne – die Universitätsleitungen dem Druck der politisch korrekten Moralapostel beugen und eher die eigenen Professoren entlassen, als diesen Wohlstandskindern einmal beizubringen, daß es zur Meinungsfreiheit gehört, auch gegnerische, ja sogar dumme und absurde Meinungen anzuhören und zu ertragen.

Das heißt ja nicht, daß man sich diese Meinungen zueigen macht, man darf und muß auf sie argumentativ eingehen. Aber eben argumentativ, und niemals – wirklich niemals! – administrativ, und schon gar nicht mit Gebrüll und Terror.

Von einem „Tugendterror“ kann man bei uns gottlob noch nicht sprechen, und ich bin froh darüber, daß es in meinem Land immer noch eine große Mehrheit für den common sense gibt. Aber Haß und Hysterie nehmen zu, nicht nur an den politischen Rändern. Hetzkampagnen der dümmsten Art sind vom Internet längst in die deutschen Universitäten geschwappt, auch da werden schon wieder – offen oder unter dem Schutz der Anonymität – abweichende Meinungen niedergebügelt, weil man nicht Manns genug ist, sich mit ihnen geistig auseinanderzusetzen.

Diesen Anfängen muß man wehren, wenn wir nicht bald auch bei uns Zustände haben wollen wie in den USA, wo es kleinen Grüppchen von Wohlstandskindern immer öfter gelingt, Andersdenkende durch Beschimpfung und Denunziation zum Schweigen zu bringen. Wenn ein Professor von der Universitätsleitung gemaßregelt oder gar entlassen wird, weil er eine von der Mehrheit abweichende Meinung vertritt (und das nur deshalb, weil die Gremien Angst vor shitstorms und Haßkampagnen ihrer Studenten haben!), dann ist höchste Wachsamkeit geboten.

Der Kongreß, so steht es kategorisch im ersten Zusatzartikel der US-Verfassung,

shall make no law … abridging the freedom of speech, or of the press.

Und auch bei uns heißt es in Artikel 5 GG:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Wer hätte gedacht, daß man wenige Jahrzehnte nach dem Ende der Hitlerdiktatur solche Sätze den Menschen in den westlichen Ländern wieder mahnend ins Gedächtnis rufen muß! Aber es ist schon so: Freiheit und Demokratie sind immer gefährdet, durch Aushöhlung von innen sogar noch viel mehr als durch Angriffe von außen.

Und eine abstrakte Intelligenz, das sieht man heute an vielen Universitäten (und man weiß es aus der Geschichte), ist noch lange kein Garant für politische Klugheit.

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