Wer einmal auf einer Buchmesse war, egal ob in Frankfurt oder Leipzig, weiß, daß es dort nicht nur die großen und kleinen seriösen Verlage gibt, sondern auch manches Merkwürdige und Skurrile. So war es etwa in den 60er und 70er Jahren immer sehr unterhaltsam, sich an den sozialistischen und „fortschrittlichen“ Verlagen aufzuhalten: da war von vom biederen, DKP-nahen Pahl-Rugenstein-Verlag bis zum kleinen Maoisten-Grüppchen („KPD-ML“) alles vertreten. Reich gedeckt waren auch die Tische am chinesischen Stand, an dem man sich mit exotisch illustrierten Propagandaschriften eindecken konnte.
Später waren es esoterische und religiöse Kleinverlage aller Art, die eine Abwechslung im seriösen Allerlei boten. Wenn ihre Zahl in den letzten Jahren auch kleiner geworden ist, so wird man doch immer noch fündig. Von der letzten Buchmesse habe ich eine kleine Broschüre mit dem Titel „Die Wahrheit über die Kreuzigung Jesu“ von einem gewissen Hadhrat Mirza Nasir Ahmad (1909-82) mitgebracht. Er war, wie es in dem Heftchen heißt, „der dritte Kalif der Ahmadiyya Muslim Jamaat“ und weiß, wie es der Titel schon andeutet, alles über Jesus:
Er widerlegt klar und kraftvoll die Grundlagen des heutigen christlichen Glaubens und Denkens.
Denn in Wirklichkeit ist Jesus gar nicht gekreuzigt worden:
Er wurde jedoch bewußtlos und wurde in diesem Zustand vom Kreuz abgenommen. Seine Wunden wurde mit einer Salbe behandelt. Er wurde so gepflegt, daß er bald schon in der Lage war umherzugehen.
Diese heilende „Salbe von Jesus“ sei, so der Autor,
in mehr als eintausend gewichtigen medizinischen Büchern
erwähnt worden.
Was geschah nun mit dem geheilten Jesus?
Der weise Plan Gottes rettete ihn vor dem Kreuzestod. Doch jetzt hatte Jesus seine Pflicht, den Juden zu predigen, erfüllt, sein Mitgefühl für sie war erschöpft. Nachdem Jesus von Gott eröffnet worden war, dass die zehn verlorenen jüdischen Stämme nach Indien ausgewandert seien, brach er nach Indien auf.
Dort wurde er zu einer Art Buddha, kam auch nach Tibet und wurde endlich in Kaschmir in der Stadt Srinagar unter dem Namen Yuz Asaf begraben.
Und wer’s nicht glaubt, zahlt einen Taler.