„Portugal ist in Europa“ – Die leichte Sprache der Augsburger Allgemeinen

Zu Martin Luther hieß es neulich in der Augsburger Allgemeinen:

Er hat vor vielen 100 Jahren gelebt. Er war ein sehr mutiger Mann. Wegen ihm hat sich vieles verändert. Zum Beispiel die Kirche.

Ja, spinnen die? – werden Sie vielleicht denken. Schreiben die jetzt für Kleinkinder? Keineswegs! Aber erst wollen wir noch ein anderes schönes Beispiel aus der gleichen Zeitung anführen, das man vor ein paar Tagen im Feuilleton der F.A.Z. lesen konnte. Es geht um die Waldbrände in Portugal:

Portugal ist in Europa. In Portugal ist gerade Sommer. In den Wäldern von Portugal ist alles sehr trocken. Zum Beispiel die Bäume und Wiesen. Es gab ein Gewitter ohne Regen. Der Blitz hat eingeschlagen. So fing es in den Wäldern an zu brennen.

Wer schreibt so – und für wen? Es sind Beispiele der sog. „Leichten Sprache“, die keinesfalls an Vorschulkinder, sondern an Erwachsene gerichtet sind. Sie soll (laut Wikipedia)

Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen über eine geringe Kompetenz in der deutschen Sprache verfügen, das Verstehen von Texten erleichtern.

Und sie soll für „Barrierefreiheit“ sorgen. Ich erinnere mich noch gut an die linken Sprüche von den „Sprachbarrieren“ in den 60er Jahren, die sogar in germanistischen Seminaren diskutiert wurden. Da war eine facettenreiche, komplexe Sprache schon ein Beispiel für das verachtete Bürgertum, und die fortschrittliche Pädagogik wollte, damit auch die „Arbeiterkinder“ ihre Chance auf Bildung bekamen, schon damals das Niveau absenken. Wenn auch die Zeit der „68er“ schnell vorbei war – auf einem Gebiet verbreiten sie mit ihren Dummheiten auch heute noch Schrecken: in der Pädagogik. Es sind die Kinder und Enkel der Linken von damals (und natürlich erst recht die Linken innerhalb der Grünen!), die für die schlimmsten Entwicklungen der Gegenwart verantwortlich sind. Das reicht vom „Schreiben nach Hören“ über die Abschaffung der Schreibschrift und die fürchterliche „Rechtschreibreform“ bis zu den immer geringeren Anforderungen an Schulen und Universitäten und die Überflutung mit guten Noten. Auch die Zerstörung unseres Förderschulsystems und die nur ideologisch zu rechtfertigende „Inklusion“ gehört in diese Reihe.

Wenn es so weit gekommen ist, daß Schüler heute nur noch Kurzsätze verstehen und längeren Texten nicht mehr folgen können, dann ist seit vielen, vielen Jahren in unserer Schulbildung etwas schiefgelaufen. Da hat man ganzen Generationen von Schülern die Chance genommen, anspruchsvollere Texte zu verstehen. Sie werden darunter ihr Leben lang leiden. Man sollte dafür einen Straftatbestand einführen.

Wer über längere Zeit die Kommentare der „User“ im Internet liest, der wird lange suchen müssen, bis er einen einzigen, orthographisch und syntaktisch korrekten Satz findet. Wie dieses sprachliche Unvermögen, die Unfähigkeit, komplizierte Sachverhalte zu verstehen und zu beschreiben, auf das gesamte Denken zurückwirkt, wie jede Äußerung plumper und primitiver wird, wie nur noch der Holzhammer eingesetzt wird und kaum noch das Florett – das alles läßt sich seit Jahren im Internet beobachten.

Es ist zum Fürchten.

Ja, Luther war „ein sehr mutiger Mann“. Und Portugal „ist in Europa“. Aber warum steht das in der Augsburger Allgemeinen (und so ähnlich auch in anderen Zeitungen)? Glaubt denn jemand im Ernst, daß geistig Behinderte die Zeitung abonnieren, um ein paar Sätze in Leichter Sprache zu lesen?

Es könnte freilich sein, daß bald ganze Zeitungen in Leichter Sprache erscheinen müssen. Dann nämlich, wenn es – vor allem in rot- und grünregierten Ländern – mit der Absenkung der Anforderungen und mit immer neuen (und immer dümmeren) Schulexperimenten weitergeht.

Wie gesagt: ich plädiere in solchen Fällen für die Einführung eines Straftatbestandes, denn wer auf diese Weise aus ideologischen Gründen den Kindern für ihr ganzes restliches Leben den Zugang zur Kultur versagt (und eine Kultur ist ohne komplexe Sprache nicht möglich!), der sollte dafür seine gerechte Strafe bekommen.

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