Vor zwei Wochen habe ich davon gesprochen, daß die Talkshow von Anne Will, die einmal sehr seriös war, immer mehr trivialisiert und „maischbergerisiert“ wird. Damals hatte sie mit einer vollvermummten schweizerischen Konvertitin gesprochen, als sei das die normalste Sache von der Welt. Gestern abend war einer ihrer Gäste ein – sagen wir es nicht gerichtsverwertbar – recht „merkwürdiger Psychotherapeut“ aus dem Osten, der seine gesamte Ausbildung noch in der DDR gemacht hatte. Was hat ihn prädestiniert, bei Anne Will zu sitzen und über die Kanzlerin zu reden? Das kann man in der Wikipedia nachlesen:
Im Januar 2016 erregte er Aufmerksamkeit, als er Angela Merkel ein „Selbstwertdefizit“ sowie ein „narzißtisches Grundproblem“ unterstellte. Ihr Handeln in der Flüchtlingskrise sei „vollkommen irrational“.
Viel irrationaler waren aber seine Redebeiträge gestern abend. Es ging ihm nur darum, die Kanzlerin abzuwatschen, und dafür mißbrauchte er seinen pseudowissenschaftlichen Jargon. Man kann weiß Gott genug gegen Merkels Politik vorbringen (vieles an der Kritik teile ich, wie man überall in meinem Tagebuch nachlesen kann), aber das sollte man gefälligst im politischen Diskurs tun und nicht pseudopsychologisch. Wer Merkel politisch angreift, muß das, wie es sich gehört, auch in politischer Rede tun, statt sich hinter einem psychologischen Kauderwelsch zu verstecken.
Und dann bleibt immer noch die Frage: wer um Himmels willen hat diesen Mann in eine Talkshow eingeladen? Anne Will? Ihre Redaktion? Wer?