Ich habe ja früher in meiner Naivität geglaubt, daß alle Politiker ihre Reden selbst schreiben. Als ich dann Anfang der 70er Jahre hörte, daß nicht einmal Willy Brandt auf professionelle Redenschreiber verzichtete, war ich ziemlich enttäuscht. „Mehr Demokratie wagen“, das war gar nicht Willy, das war Klaus Harpprecht! Trotzdem: was Harpprecht Brandt so alles in den Mund legte, paßte perfekt zum Kanzler, es war ein rednerischer Maßanzug.
Von der Kanzlerin und ihren Redenschreibern kann man das ganz gewiß nicht behaupten.
Eine interessante Pointe zu diesem Thema lieferte jetzt Melania, die Frau des unsäglichen Donald Trump. Daß professionelle Schreiber ihre Rede beim Parteitag der Republikaner verfaßt haben, ist nicht ehrenrührig – wenn Willy Brandt das durfte, dann darf sie das natürlich auch. Aber: ganze Sätze ihrer Rede stammen fast wörtlich von Michelle Obamas Rede auf dem Parteitag der Demokraten von 2008!
Trumps „Kommunikationsberater“ Jason Miller ist darauf bis jetzt nicht direkt eingegangen. Es seien in die Rede, sagte er (hier nachzulesen),
Fragmente eingeflossen, welche die „eigenen Gedanken“ Melania Trumps reflektierten.
Daß das frühere Model auch eigene Gedanken hat, ist immerhin beruhigend.