Die Stunde der Demagogen

Es gibt Politiker – und es gibt Demagogen. Die Demagogen sind überall auf dem Vormarsch, auch in Deutschland. Warum? Das weiß niemand.

Vielleicht geht es den Menschen im Westen einfach zu gut? Oder haben sie nicht begriffen, daß es in einer Bürgergesellschaft darum geht, Kompromisse zu machen? Gemeinsam den besten Weg zu finden – streitbar, aber ohne Gift und Galle?

Der Demagoge ist eigentlich gar kein Politiker, und schon gar kein Bürger. Er hetzt die Menschen auf (was offenbar gar nicht so schwer ist!), und wenn er sein Ziel erreicht hat, wenn es darum geht, für sein Land zu arbeiten, drückt er sich. Die Mühen der Ebene: das ist nichts für den Demagogen. Deshalb darf sich niemand wundern, daß sich David Cameron, Boris Johnson und Nigel Farage, die ihr Land (ohne jeden Plan für das Danach!) an den Rand des Abgrunds getrieben haben, feige davonmachen.

So sind Demagogen!

Erstaunlich ist nur, wieviele Menschen im Westen auf diese Bauernfänger hereinfallen: auf Pegida und die AfD, auf Marine Le Pen, auf die FPÖ, auf Donald Trump und all die anderen (es gibt sie ja inzwischen fast in jedem Land). Das Internet, wo sich jeder Depp im Schutze der Anonymität äußern kann, spielt dabei sicher eine Rolle. Da wird gehetzt und gelogen, daß sich die Balken biegen. Aber das Internet ist ja nur das Medium, es muß für diesen Haß, für dieses Gift tiefere Ursachen geben.

Ist es vielleicht – mutatis mutandis – eine ähnliche Situation wie 1914, als die Menschen nach Jahrzehnten des Friedens „a bisserl Krieg“ herbeisehnten?

Jedenfalls sollten wir froh sein, daß es noch Politiker wie Angela Merkel gibt. Sie hat zwar schwere Fehlentscheidungen getroffen (etwa in der Euro- und Energiepolitik), aber eines ist sie ganz gewiß nicht: eine Demagogin. Das sieht man schon daran, daß sie bei ihrer (völlig richtigen!) Entscheidung geblieben ist, die in Ungarn gestrandeten und von Orbáns Polizei wie Untermenschen behandelten Flüchtlinge unbürokratisch aufzunehmen, obwohl diese Entscheidung ihre politische Karriere beenden wird. Damit hebt sie sich wohltuend von Luftikussen à la Boris Johnson und Nigel Farage ab.

Was wir (trotz ihrer schweren Fehlentscheidungen) an Angela Merkel haben, wird man leider erst a posteriori erkennen, wenn die Geschichte ihr Urteil gefällt hat.

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