Wann ist ein Mord ein Mord?

Eine Frage, die es in sich hat, denn sie ist nur dann einfach zu beantworten, wenn man im juristischen Deutungsrahmen bleibt. Aber gerade das will ich hier nicht. Mir geht es um etwas anderes.

Wer einen Menschen tötet, um etwa an dessen Geld zu kommen, ist ein Mörder. Wer – wie Breivik – mehr als siebzig Menschen tötet, ist auch ein Mörder – natürlich! Wer aber in kurzer Zeit mehr als tausend Menschen töten läßt, ist nicht etwa ein Mörder, sondern – der Präsident von Syrien. Und die gedungenen Mörder, die für ihn diese Arbeit erledigen, nennt man dann nicht gedungene Mörder, sondern: Soldaten.

Den „einfachen“ Mörder trifft die volle Härte des Gesetzes. Wer aber eine gewisse Zahl an Morden überschreitet, der ist und bleibt Präsident, Staatschef, Ministerpräsident. Es scheint also eine arithmetische Schwelle zu geben, die man nur überschreiten muß – und schon ist man kein Mörder mehr.

Die bekannten Serienmörder des 20. Jahrhunderts haben es meist nicht einmal auf ein Dutzend Morde gebracht. Wenn man das mit den Mullahs im Iran, mit Mugabe, Duvalier, Pinochet, Bokassa oder Videla vergleicht, wirkt es unbedeutend, fast nicht erwähnenswert. Um eine Lizenz zum Morden im großen Stil zu bekommen, muß man in die Politik gehen.

Das war in der Geschichte der Menschheit immer so. Und die Mörder großen Stils waren unter den Herrschern der Welt wohl gelitten, man hat sie zu Staatsbesuchen empfangen und Verträge mit ihnen geschlossen. Auch Gaddafi, mit dem es nun gottlob zu Ende geht, hat noch vor kurzem in Italien und Frankreich und anderswo sein Zelt aufschlagen dürfen. Berlusconi, der heute gegen ihn kämpft, hat ihn – das Bild ist um die Welt gegangen – geherzt und geküßt. Viele haben seine blutige Hand geschüttelt, viele haben gute Geschäfte mit ihm gemacht.

Heute gibt es internationale Haftbefehle gegen einige wenige dieser Staatsmänner mit der Lizenz zum Töten. Das ist nicht viel – aber immerhin: es ist ein Anfang.

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