Polen ist auf dem Weg, zu einem autoritären Staat zu werden, in dem – wie in Orbáns Ungarn oder (noch drastischer) Putins Rußland – die demokratischen Institutionen nur noch als Kulisse stehenbleiben. Autoritäre, machtbesessene Herrscher wie Kaczynski wissen, wie man das macht: sie lassen von der Demokratie nur eine leere Hülle übrig.
Ihre ersten Feinde, die unbedingt ausgeschaltet werden müssen, sind die unabhängige Justiz und die Presse. Sie sind nämlich das eigentliche Herz einer Demokratie: ohne eine freie Presse und eine unabhängige Justiz sind selbst die formal demokratischen Institutionen zu nichts mehr nutze.
Erschreckend ist im Fall Polen allerdings, wie schnell Kaczynski und seine Marionetten die Maske haben fallenlassen. Der Plan zur Einschränkung der Demokratie hat offenbar fix und fertig in den Schubladen gelegen.
Jetzt könnte man sagen: aber er ist doch gewählt worden! Ja, er ist gewählt worden, aber er ist gewählt worden, um innerhalb der demokratischen Institutionen zu regieren. Und es ist an ein Wort zu denken, das man jetzt von vielen entsetzten Polen hört: auch Hitler ist ja erst einmal legal an die Macht gekommen. „Gebt mir vier Jahre Zeit“, rief er danach, „und ihr werdet Deutschland nicht wiedererkennen!“
Auch Polen wird man nach diesem Putsch nicht wiedererkennen, wenn Kaczynski, dem bösen, rückständigen Geist Polens, nicht Einhalt geboten wird. Aber ich bin zuversichtlich, daß das demokratische Polen seine Freiheit gegen diesen haßerfüllten kleinen Mann verteidigen wird.
PS: Nur ein paar Zitate aus dem Munde Kaczynskis. Denen, die gegen ihn demonstrieren, sagt er, liegt „der Vaterlandsverrat in den Genen“. Sie seien „Polen der schlimmsten Sorte“, „Kommunisten und Diebe“. Erst jetzt sei das „wahre Polen“ an der Macht. Und natürlich finden sich in Polen ein paar reaktionäre, bigotte Priester, die zu solchen Reden das Weihrauchfäßchen schwenken. Einer von ihnen hat vor dem Redaktionshaus der Zeitung „Gazeta Wyborcza“ eine Art Exorzismus durchgeführt: wer für eine freie, liberale Presse ist, soll das wohl heißen, muß vom Teufel besessen sein. Es wäre interessant, einmal zu erfahren, wie Papst Franziskus über solche Hirten denkt.