Naturschützer für Windkraftanlagen?

Für mich ist das ein Widerspruch in sich. Wer als Verband oder Verein die Natur schützen will, kann nicht dafür sein, die schönsten Waldlandschaften (und wir sind gerade in Hessen und Bayern noch mit ihnen gesegnet!) durch aggressiv in den Himmel ragende Masten zu zerstören. Das ist keine bloß ästhetische Frage – das hätten die Befürworter gern! -, das ist eine Frage des Überlebens dieser schönen Wälder als Ort der Erholung (auch für das Auge), als wertvolles, ja unschätzbares Ensemble, und damit auch als kulturelles Erbe. So wie ein einziges Hochhaus eine schöne alte Stadt für immer zerstören kann, so wird auch der Mittelgebirgswald durch zwei oder drei dieser furchtbaren Windräder auf unabsehbare Zeit geschädigt und zum bloßen „Standort“ für technische Anlagen degradiert. Haben wir denn nicht schon genug Natur zerstört und durch Bebauung, Autobahnen, ICE-Trassen denaturiert? Die großen zusammenhängenden Waldgebiete in den Mittelgebirgen sind die letzten großflächigen Refugien der Natur in Deutschland. Wer sie antastet, versündigt sich.

Ich empfinde es deshalb als besonders schmerzhaft, wenn jetzt nach und nach immer mehr Naturschutzverbände einknicken und die Windkraftanlagen hinnehmen, als seien sie ein uns beschiedenes Schicksal, das wir – wie in einer griechischen Tragödie – hinnehmen müßten. Nein, es sind nicht die Schicksalsgöttinnen, die uns diese Windräder aufdrängen, es ist ein ganz simples, nur noch auf Machterhalt zielendes Kalkül der Kanzlerin, und es ist eine in Beton zementierte Ideologie von Trittin, Künast und Genossen, die sich nur noch für die Energiegewinnung, aber für die Natur fast gar nicht mehr interessieren.

Die Aschaffenburger Kreisgruppe des Bund Naturschutz (BN) dient sich jetzt der herrschenden Stimmung im Lande an und will sich an der ordentlichen Verteilung der Windkraftanlagen im Spessart aktiv beteiligen. (Nachzulesen im Lokalteil der heutigen F.A.Z.)

Man greift sich an den Kopf! Ausgerechnet im Spessart?

Der Naturpark Spessart im hessisch-bayerischen Grenzgebiet umfaßt 170.000 Hektar auf der bayerischen und noch einmal 74.000 Hektar auf der hessischen Seite. Tagelang kann man hier durch Wälder, Felder und Moore wandern. Und dieses Kleinod soll jetzt, unter aktiver Mitarbeit von „Naturschützern“, verspargelt werden?

Aber sehen wir uns einmal die Begründung an, die der Bund Naturschutz dafür gibt. Ein bißchen verschämt, aber doch trotzig sagt er: es muß halt sein. Noch sei der Spessart eine Tabuzone für die Windkraft, aber das „werde nicht zu halten sein“. (Warum eigentlich nicht?) Die Energiewende sei, so formuliert es der BN im schönsten Managerjargon, „eine große Herausforderung“, man müsse sich ihr stellen. Und man wolle nicht abwarten und taktieren, sondern „an regionalen Energiekonzepten konstruktiv mitarbeiten“. Die Windenergie habe „ausreichendes Potential, um Kohle und Kernergie zu ersetzen“.

Da könnte man, wie im Märchen, sagen: wer’s glaubt, bezahlt einen Taler.

Und dann kommt die ewige alte Leier, gegen die doch gerade der Naturschutz seit den 70er Jahren so energisch gekämpft hat: die Energiewende sei nun einmal beschlossen, man müsse jetzt das Schlimmste verhindern, die Eingriffe in die Landschaft „möglichst gering halten“, die Naturschutzgebiete und „alte Buchenwaldbestände“ ausnehmen usw. Alles in allem: ein einziges Lavieren und Herumeiern – und ein erbärmlicher Kotau vor der politischen Macht, der Stimmung im Land und der Windkraftlobby.

Aber dafür brauche ich keine Naturschutzorganisation.

Die Proteste gegen dieses Einknicken werden kommen, das sehen diese „Naturschützer“ selbst. Sie wissen, wie ihr stellvertretender Vorsitzender sagt, daß man sich „mit diesem Schritt nicht nur Freunde schaffen wird“. Nicht nur Freunde?

Die regionale CSU fordert übrigens den „Bau von 2000 Drei-Megawatt-Windrädern“, ganz unverblümt, geradlinig und ohne jedes Lavieren. Aber auch sie wird sich über die „Windkraft“ noch wundern, die ihr aus der eigenen Partei bald entgegenwehen wird.

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