Viele Jahrzehnte lang wurde Irland von einer Art katholischem Extremismus regiert. Es war ein dumpfes, intolerantes Milieu, wie man es heute selbst in den katholischsten Gebieten Deutschlands nicht mehr findet. Bis in den privatesten, intimsten Alltag hinein richtete die Kirche über ihre Schäfchen.
Als dann vor Jahren herauskam, daß irische Priester ihre Macht in einem unvorstellbaren Ausmaß dazu mißbraucht hatten, sich an ihnen anvertrauten Kindern zu vergehen, stürzte die irische Kirche ins Bodenlose. Ihre rabiat konservative Einstellung hatte man noch hingenommen, solange ihre Vertreter Moral und Sitte zu verkörpern schienen. Nachdem nun das moralische Mäntelchen zerstört war, brach alles zusammen wie ein Kartenhaus.
Die große Mehrheit für die offizielle Einführung der „Homo-Ehe“, der offenbar zwei Drittel der Iren zugestimmt haben, ist die direkte Konsequenz aus diesem vollständigen Versagen der Kirche. Im (neben Polen) katholischsten Land Europas ist das Pendel jetzt in die andere Richtung ausgeschlagen.
Recht geschieht der katholischen Kirche! – könnte man jetzt sagen. Aber ganz so einfach ist es nicht. Ich bin gegen jede Diskriminierung von Homosexuellen – aber daß Ehe und Familie, die nach unserem Grundgesetz „unter dem besonderen (!) Schutze der staatlichen Ordnung“ stehen, auf einmal rechtlich mit jeder Art von Beziehung oder Partnerschaft gleichgestellt werden, ist ein Irrweg. Es ist nämlich keineswegs die Aufgabe des Staates, jeder Wendung des Zeitgeistes hinterherzulaufen. Und der „besondere Schutz“ der guten, alten Familie (Vater, Mutter, Kind) bedeutet eben keine Diskriminierung anderer Arten von Sexualität oder Partnerschaft. Dieser Schutz gilt dem hohen kulturellen Wert, den die traditionelle Familie für den Fortbestand der Gesellschaft hat.