Wer schon zur älteren Generation gehört, kennt sicher noch das Lied „Ein Freund, ein guter Freund“ aus dem Rühmann-Film „Die Drei von der Tankstelle“:
Ein Freund, ein guter Freund,
das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt.
Ein Freund bleibt immer Freund,
und wenn die ganze Welt zusammenfällt.
Man könnte das auch auf zwei andere Freunde beziehen, die jetzt durch den Mord an Boris Nemzow wieder zusammengeführt werden: Putin und der „Chefermittler“ Alexander Iwanowitsch Bastrykin. Putin und Bastrykin sind alte Studienfreunde aus Leningrader Tagen, und, noch gewichtiger: Putin hat Bastrykin 2007 persönlich zum Chef des gerade erst gegründeten Ermittlungskomitees der Russischen Föderation ernannt. Wie es da um die Unabhängigkeit des „Chefermittlers“ bestellt ist, kann man sich denken. Der Fall Nemzow wird genauso enden wie der Fall Politowskaja, bei dem Bastrykin auch schon Chefermittler war.
Krokodilstränen aus dem Kreml und abenteuerliche Theorien über die Hintermänner des Attentats – das zeigt wieder einmal, wie tief ein Staat sinkt, wenn es keine freie Presse und keine unabhängige Justiz mehr gibt. Da hängt dann das Wohlergehen jedes einzelnen Bürgers von der Laune des großen Führers ab. Vielleicht hat er schlecht geschlafen – schon gibt es im Zweifelsfall ein paar Jahre Straflager mehr. Oder er ist gut gelaunt, und man wird vor der Zeit entlassen.
Daß man sich die Freundschaft des Führers unter allen Umständen erhalten muß, ist unter solchen Bedingungen überlebenswichtig. Seine Gunst zu verlieren, kommt nämlich dem Ende der bürgerlichen Existenz gleich. Mit dem „großem Wurf“ aus Schillers „Lied an die Freude“,
eines Freundes Freund zu seyn,
hat das wirklich gar nichts zu tun.
Es ist ein erniedrigendes Gespinst von Abhängigkeiten. Nichts weiter.