Nichts ist gut im Ukrainekonflikt – nach diesem „Abkommen“ erst recht nicht. Putins Söldner und Marodeure werden weiterkämpfen, und Putin hat selbst weiterhin mit den „Kriegsparteien“ nichts zu tun.
Merkel und Hollande, die fast bis zur körperlichen Erschöpfung für den Frieden in der Ukraine verhandelt haben, kann man nur bedauern. Sie haben, glaube ich, immer noch nicht wirklich begriffen, daß ihnen mit Putin ein Politiker gegenübersteht, der weder ihre Sorgen noch ihre Werte teilt. Das ist, zugespitzt gesagt, als wolle man mit Kim Jong-un aufrichtige Verhandlungen führen. Nein, Putin betrügt die ganze Welt seit gut einem Jahr, und weil er damit immer durchgekommen ist, wird er so weitermachen. Noch während der Minsker Beratungen soll er Panzer und Raketensysteme über die Grenze zu den Marodeuren in der Ostukraine gebracht haben.
Ich sage es noch einmal: mit diesem Abkommen wird sich nichts ändern. Die Grenze zu Rußland wird offenbleiben, der Nachschub aus Rußland wird weiterfließen. Die Garantie für die Grenzen der Ukraine durch Putin ist an Zynismus kaum zu überbieten: denn diese Grenze hat er schon 1994 völkerrechtlich verbindlich garantiert – um sie dann zehn Jahre später eiskalt (mit Waffengewalt!) zu verändern.
Wer diesem feinen Herrn glaubt, ist selber schuld.
In Minsk gibt er den Staatsmann, aber in Wirklichkeit ist er (und nur er!) der böse Geist dieses Konflikts. Würde er die Grenzen zumachen und den Nachschub für die Marodeure stoppen, wäre der Konflikt sofort zuende. Aber das will er nicht – er will die Ukraine dafür bestrafen, daß sie es gewagt hat, an seiner Grenze eine Demokratie zu errichten. Putin fürchtet sich nämlich nicht, wie man denken könnte, vor der NATO oder dem Westen, nein: er, der in seinem eigenen Land die Pressefreiheit und die unabhängige Justiz beseitigt und für eine despotische Friedhofsruhe gesorgt hat, fürchtet sich nur vor der Demokratie. Das – und nichts anderes – ist der eigentliche Grund für die Brutalität seines Vorgehens.
Es ist honorig, daß Merkel und Hollande alles versuchen, um auf dem Verhandlungsweg zu einer Lösung zu kommen. Aber sie machen sich, glaube ich, über Putin immer noch Illusionen.
Und das ist nicht ungefährlich. Denn Putin hat mit seinem gezielt eingesetzten Chauvinismus, mit seiner „Rossija“-Demagogie das dumme Volk hinter sich geschart (wir wissen doch aus eigener Erfahrung, wie leicht das ist!), und er fühlt sich deshalb, was seine militärischen Optionen angeht, frei wie ein Vogel. Ich wünschte, unsere Kanzlerin hätte wenigstens ein bißchen von dem gesunden Menschenverstand eines (von mir ansonsten ganz und gar nicht geschätzten) John McCain. Er zumindest hat, was Putin betrifft, keine Illusionen.