Digitale Demenz statt der guten alten Schreibschrift

Ich muß immer einmal wieder an das Motto dieses elektronischen Tagebuchs erinnern. Es steht klein und unscheinbar rechts oben auf jeder meiner Seiten:

Gegen die Barbarei!

Auch die elektronische Adresse – www.antibarbarus.de – soll daran erinnern, daß mein eigentliches Thema der Kampf gegen die Barbarei ist: gegen alles, was unsere Kultur in Gefahr bringt, schreibe ich an. Manches Gefährliche kommt aus anderen Kulturen und Religionen, aber vieles ist auch – leider! – hausgemacht.

Zum Beispiel: die Tendenz, alte Kulturtechniken aufzugeben und durch allerlei digitalen Schnickschnack zu ersetzen. Wohlgemerkt: dies ist kein Aufruf gegen die „Moderne“, gegen Computer oder gegen die Bequemlichkeit einer Tastatur. Ich arbeite ja selbst viele Stunden am Tag an meinem Computer, und auch dieses Tagebuch entsteht nicht in Schreibschrift auf weißem Papier.

Aber: man sollte einem Kind den Umgang damit erst erlauben, wenn es die traditionellen Kulturtechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen schon beherrscht. Dann (und nur dann!) werden die digitalen Techniken zu einer schönen und wertvollen Ergänzung. Wer aber die tradierten zugunsten der digitalen Kulturtechniken abschaffen möchte, ist – sagen wir es geradeheraus: ein Barbar.

Der Psychiater Manfred Spitzer hat in seinem Buch Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen skrupulös beschrieben, wie verheerend sich die Digitalisierung der Kindheit auf unsere jungen Menschen auswirkt, und er hat dabei auch Studien zitiert, die von den Befürwortern des Digitalen fast immer unterschlagen werden. Die Vorschläge etwa, Computer so früh wie möglich in den Unterricht einzuführen (am besten schon im Kindergarten!), kommen oft von Politikern und Wissenschaftlern, die (sagen wir es vorsichtig!) über gute Beziehungen zur IT-Branche und ihrer Lobby verfügen. In Wirklichkeit, das zeigt Spitzer anhand einer Fülle von Beispielen, bringt die totale Computerisierung der Schulen für die geistige Reifung unserer Kinder viel mehr Nachteile als Vorteile.

Das aber nur am Rande, denn ein Aspekt, den man immer öfter mit blanken Entsetzen wahrnimmt, ist der Generalangriff auf das Erlernen der Schreibschrift in der Schule. Ich habe schon 2011 an dieser Stelle berichtet, wie der Hamburger Bildungssenator Ties Rabe (SPD) mit großer Energie dafür gesorgt hat, daß jede Hamburger Schule entscheiden kann, ob sie den Kindern überhaupt noch die Schreibschrift beibringt. Seine Begründung: damit werde den Kindern das Schreiben „erleichtert“ (für ihn ist das Aneinanderfügen von Druckbuchstaben tatsächlich Schreiben). Mit einer so strunzdummen Begründung kann man freilich auch das Rechnen abschaffen und nur noch mit Taschenrechnern arbeiten – auch das „erleichtert“ den Schülern das Leben.

Wer eine so armselige Argumentation für spezifisch deutsch hält, täuscht sich sehr. Ausgerechnet Finnland, das wegen Pisa seit vielen Jahren in den Himmel gehoben wird, streicht die Schreibschrift, wie man hier nachlesen kann, 2016 aus seinen Lehrplänen.

Minna Hartmann, die im finnischen Bildungsministerium für das absurde Vorhaben verantwortlich ist, begründet es so:

Einzelne Buchstaben auf Papier mit der Hand zu verbinden, sagte Minna Harmann, sei für viele Kinder derart mühsam, dass es zu Schreibblockaden führe. Der Computer löse das Problem und erlaube es den Schülern, sich stärker auf den Inhalt des Geschriebenen zu konzentrieren.

Ich muß gestehen, daß mir beim Lesen von Minnas Worten fast übel geworden ist. Kann eine Frau, die so einen Unfug verzapft, in einem Bildungsministerium arbeiten? Und fällt ihr niemand in den Arm?

Unser Ties Rabe übrigens, der es wie die finnische Dame den Schülern gar nicht leicht genug machen kann, ist – man lesen und staune – nicht nur Bildungssenator, sondern seit 2012 auch Präsident der Kultusministerkonferenz.

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert