So sieht es jedenfalls die Linke, allen voran wieder Sahra Wagenknecht. Für sie ist der Putin ein Unschuldslamm, und alles Böse kommt aus dem Westen (hier nachzulesen).
Es ist ein schlichtes Weltbild, das Wagenknecht heute den Abgeordneten des Bundestags zur Kenntnis gebracht hat. Die Kanzlerin habe Deutschland in die „Neuauflage eines Kalten Krieges mit Russland hineingetrieben“, der den Frieden in Europa gefährde, sagt sie – und wendet sich dann direkt an Angela Merkel:
Sie warnen vor einem Flächenbrand, aber Sie gehören doch zu denen, die mit brennendem Zündholz herumlaufen.
Wohlgemerkt: nicht Putin läuft für Frau Wagenknecht mit einem „brennenden Zündholz“ herum, sondern ausgerechnet die Kanzlerin, die zusammen mit ihrem Außenminister seit vielen Monaten mit wahrer Engelsgeduld alles versucht hat, um mit Putin zu einer gütlichen Einigung zu kommen.
Merkel ignoriere russische Interessen, sagt Wagenknecht. Und ich dachte in meiner Naivität immer, daß ein deutscher Kanzler nicht die russischen, sondern die deutschen Interessen vertreten sollte.
Aber in der Ukraine, sagt Wagenknecht anklagend, seien „wichtige Posten mit Nazis besetzt“. Es stimmt: in der Ukraine gibt es, wie in fast allen Ländern der Welt, einen Bodensatz von Faschismus. Aber in allen freien Wahlen, die nach der Flucht des korrupten Janukowitsch stattgefunden haben, sind sie praktisch bedeutungslos gewesen. Die in Kiew angeblich die ganze Politik beherrschenden Neonazis sind eine Erfindung von Putins primitiver Propaganda, mit der er auf Dummenfang geht. Die russischen Bäuerlein mögen diesen Unsinn ihres Präsidenten glauben, daß aber eine intelligente Ideologin der deutschen Linken diese Propagandlügen verbeitet, kann nur zwei Gründe haben: entweder sie sagt wissend die Unwahrheit, oder sie ist so gefangen in ihrer sozialistischen Ideologie, daß sie für die Wirklichkeit (und die Wahrheit!) nicht mehr empfänglich ist.
Beides wäre für sie nicht gerade schmeichelhaft.
Im übrigen ist es nicht ohne Pikanterie, daß sich Putins Propaganda ausgerechnet auf die ukrainischen „Neonazis“ konzentriert. Er hätte im eigenen Land mit faschistischen Gruppen (und erst recht mit faschistischen Gesinnungen!) genug zu tun (hier kann man Beispiele finden). Die Haßpropaganda gegen „Schwarze“ (Kaukasier, Tschetschenen, Aserbaidschaner, Usbeken usw.) ist in Rußland längst salonfähig geworden – vom kirchlich und politisch geschürten Haß auf Homosexuelle ganz zu schweigen.
Von alledem hat man freilich bei Sahra Wagenknecht nichts gehört.