Was darf Satire? Das ist eine alte Frage, die niemand endgültig beantworten kann. Man kann wunderbar darüber streiten, aber an einem Ort sollte man nicht darüber streiten: vor Gericht. Wenn man nämlich anfängt, Humoristen, Satiriker, Kabarettisten vor Gericht zu zerren, muß man sich um die Demokratie Sorgen machen.
Und noch etwas sollte man berücksichtigen: Geschmacklosigkeiten bestraft man nicht in einem Prozeß, man bestraft sie durch Verachtung – zum Beispiel, indem man an solchen Stellen nicht applaudiert. Wir haben ja inzwischen eine ganze Generation von Comedians unter uns, die kaum etwas anderes kann außer eben: geschmacklos sein. Das Niveau ihrer Witze geht meistens über das eines 12jährigen Klassenclowns nicht hinaus, es ist nur ein dummes Blödeln, ein Herumalbern, ein Wühlen unterhalb der Gürtellinie, und daß man damit ganze Hallen füllen kann, gehört zu den großen Geheimnissen der Gegenwart.
Satirische Geschmacklosigkeiten über den christlichen Glauben gibt es (in Wort und Bild) seit langem wie Sand am Meer (man denke nur an das unsägliche Titanic-Titelbild über Papst Benedikt vor zwei Jahren). Fast niemand regt sich mehr darüber auf, und das hat auch sein Gutes, denn Aufmerksamkeit und „Skandal“ (und natürlich mehr verkaufte Auflage!) ist alles, was solche Provokateure wollen, und die größte Strafe, die ihnen widerfahren kann, ist: Mißachtung und Stillschweigen.
Stell dir vor, einer will auf Biegen und Brechen provozieren – und keiner beachtet ihn. Das ist die Höchststrafe!
In einer freien Gesellschaft hat man eben auch die Freiheit, geschmacklos zu sein. Man darf ungestraft dummes Zeug reden. Das ist nicht immer schön, es ist auch oft ungerecht, und manchmal tut es richtig weh. Aber wer das nicht erträgt, ist noch nicht in der Gegenwart angekommen – so wie der Herr Toka aus Osnabrück. Vom Todesurteil gegen Salman Rushdie über die üblen Mordversuche an den dänischen Karikaturisten bis zur Klage gegen Dieter Nuhr – da fließt unter Muslimen ein breiter Strom, der jedes Lachen, jede Satire gegen die eigene Religion, ja sogar gegen die haarsträubendsten Auswüchse und Verbrechen dieser Religion unter Strafe stellen will. Vom Prozessieren bis zur Todesdrohung: jedes Mittel ist ihnen recht, um dem Islam eine Sonderstellung zu verschaffen. Über alles und jeden darf man lachen – aber nicht über den Islam.
Manche Kabarettisten haben die Schere schon im Kopf, und die Sorge um die eigene körperliche Unversehrtheit ist ja nicht ganz unbegründet. Dagegen kann man letztlich nur angehen, indem man die Schere schleunigst entfernt – und mit dem Islam genauso umgeht wie mit allen anderen Religionen.
Der Islam ist ja am Ende nichts anderes als eben: nur eine von vielen Religionen. Einen Anspruch auf Sonderbehandlung, auf eine ganz besondere Rücksichtnahme gegenüber den anderen Religionen hat er nicht.