Die neue Energiepolitik zerstört nicht nur unsere schönsten Landschaften, sondern auch unsere Dörfer und Städte

Ältere Zeitgenossen erinnern sich vielleicht noch an Dieter Wieland, der als freier Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks, vor allem in der Reihe Bauen und Bewahren, architektonische und gärtnerische Greueltaten in Bayern („Jodlerstil“, „Grün kaputt“)  angeprangert, aber auch immer wieder positive Beispiele für ein Bauen im Einklang mit kulturellen Traditionen vorgeführt hat.

Dieter Bartetzko, Jahrgang 1949, ist Architekturkritiker und Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er gehört, wie etwa auch Regina Mönch, Gerhard Stadelmaier und Heike Schmoll, zu den F.A.Z.-Redakteuren, die man immer mit Gewinn liest, weil sie sich von keinem Zeitgeschmack und keiner political correctness einlullen lassen. Sie nehmen den Zeitgeist natürlich wahr, aber sie denken gar nicht daran, ihm den eigenen Verstand, das selbständige Räsonnieren zu opfern.

Ein schönes Beispiel dafür ist der große Artikel „Zieht euch warm an“,  den Bartetzko vor einigen Tagen im Feuilleton der F.A.Z. veröffentlicht hat. Bartetzko kämpft schon seit langem mit unermüdlichem Eifer und mit großem Fachwissen gegen die Barbarei in der Architektur. Heute muß er, ernüchtert, aber nicht resigniert, feststellen, daß in Frankfurt, aber auch in vielen anderen Städten, viele kostbare Bausubstanz gerade durch die neue Energiepolitik zerstört wird. Es sind „Verheerungen“, wie er es nennt.

Weil es billiger ist, dämmt man nicht von innen her, man klebt die Dämmplatten einfach außen an die Fassaden und zerstört so unwiderbringlich die alten baulichen Strukturen. Das Bild eines Hauses in Eisenach veranschaulicht diese Barbarei auf schreckliche Weise: links sieht man die noch ungedämmte Fassade, lange nicht renoviert, aber doch erkennbar in ihrer alten Schönheit, rechts gedämmt, glatt, von allen Erkern und Vorbauten befreit, langweilig und verhunzt. Es ist ein Schicksal, das vielen Häusern in Deutschland bevorsteht, denn viel Geld wird jetzt für die Wärmedämmung zur Verfügung gestellt, und daß dieses Geld auch abgerufen wird, daran besteht leider kein Zweifel.

Häuser können sich nicht wehren. Aber wir können es!

Wir müssen nicht dem Sirenengesang der Öko- und Energiediktatoren folgen, die immerfort wispern:

Rettet das Klima! Rettet die Welt! Alles andere ist völlig unwichtig – Kultur, Natur, Architektur – scheiß drauf! Nur noch die Energiepolitik, nur noch die CO2-Bilanz zählt!

Ich bitte für diese Wortwahl übrigens nicht um Entschuldigung.

Aber, um wieder auf die Wärmedämmung zurückzukommen: überall in Deutschland werden jetzt Gelder für die „energetische Sanierung“ ausgeschüttet, also dämmt man bald, was das Zeug hält, zerstört, was noch unversehrt ist und setzt selbst im Kern intakter architektonischer Ensembles grauenhafte Solarmodule auf die Dächer. Man denke nur an die gottlob vom Gericht aufgehobene Solarsatzung der alten und schönen Stadt Marburg!

Im Namen der Nachhaltigkeit und des ökologischen Umbaus unserer Städte wird schöne alte Architektur nachhaltig zerstört. Eines der neueren Opfer ist das Kolpinghaus in Frankfurt – aber auch die „Neue Altstadt“der 50er Jahre wird jetzt „energetisch aufgerüstet“:

Nichts an den ertüchtigten Häusern erinnert noch an die vorherigen feingliedrigen Strukturen: Die gedämmten Hauskörper balancieren über ihren schmalen Sockeln wie Akrobaten mit Elefantiasis, Fenster und Eingänge haben mit dreifach breiten Laibungen Schießschartencharakter angenommen, die alten grazilen Balkonbrüstungen ersetzen neue – so plump und massiv, als müssten sie Mörsergeschosse abwehren.

Diese „Dämm-Orgien“ werden weitergehen, sie werden sogar- dank der Merkelschen Geldausschüttung – förmlich explodieren. So wie unsere schönen Mittelgebirge vor lauter aggressiv in den Himmel ragenden Windkraftanlagen bald nicht mehr wiederzuerkennen sein werden, so werden auch die Dörfer und Städte ihre markanten alten Häuser verlieren.

Am Ende seines Artikels zitiert Bartetzko den grünen Oberbürgermeister von Tübingen.

„Wir dämmen wie die Weltmeister“, erklärte kürzlich Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, „ja, wir verschandeln unseren Bestand ganz bewusst mit Wärmeverbundsystemen.“ Er könnte furchtbar recht behalten.

Die Grünen haben sich nicht nur von der Liebe zu Natur verabschiedet – auch die Schönheit alter Häuser, und wir haben nach den Luftangriffen im Krieg und dem fast noch verheerenderen „Wiederaufbau“ in den 50er und 60er Jahren wirklich nicht mehr viele! – auch die architektonische Schönheit dieser Häuser also ist den Grünen völlig schnuppe.

So wie die FDP nur noch ein Thema hat (Steuererleichterung!), so haben auch die Grünen nur noch ein einziges Thema: Energie! Auf dem Altar dieses Götzen wird alles geopfert: Wälder, ganze Regionen, Landschaften, und jetzt auch wunderbare alte Häuser. Wenn es nicht den „erneuerbaren Energien“ dient – weg damit! Ist doch alles nur alter Plunder!

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