Die USA – das unbekannte Wesen

Versteh‘ einer die Amis! – diesen Ruf könnte man seit ein paar Jahren schon ausstoßen, aber niemand kann eine schlüssige Erklärung für das amerikanische Verhalten geben.

Wir sind doch – sicher nicht nur auf dem Papier, sondern durch viele Verträge und Bündnisse und sicher auch aus Überzeugung und Zuneigung – befreundete Nationen. Uns verbindet – bei aller mentalen Verschiedenheit – viel: wir teilen gemeinsame Werte, die Sehnsucht nach Freiheit und Demokratie und eine tief in unseren Völkern verwurzelte Liberalität.

Und gerade deshalb muß man schon fragen: was bringt die Amerikaner dazu, nicht nur die Kanzlerin und alle anderen 80 Millionen Deutschen auszuspionieren, sondern (wie es im jüngsten Fall die CIA getan hat) auch noch einen altmodischen Spion auf uns anzusetzen? Sind wir jetzt der Feind? Was haben wir getan? Haben es die USA seelisch nicht verkraftet, daß die Deutschen erwachsen geworden sind? Daß sie nicht mehr wie unmündige Kinder an ihrem Rockzipfel hängen? Oder sind es immer noch die Nachwirkungen der Paranoia, die auf den 11. September gefolgt ist – das George W. Bush-Syndrom? Hat der Geist der Geheimdienste inzwischen auch Parlament und Administration erfaßt?

Nach den neuesten Vorkommnissen sollte man mit den USA auch so reden wie unter Freunden – das heißt nämlich nicht: untertänigst um gefällige Aufklärung bitten, sondern geradeheraus sagen, daß es unter Freunden eine von Mißtrauen geprägte Ausforschung unter keinen Umständen geben darf.

Die arrogance of power hat die USA schon einmal (Vietnam! Lateinamerika!) auf einen verhängnisvollen Weg geführt. Daß ihr Weg in die Irre führt, lernen sie nur aus einer kraftvollen Reaktion. Die muß nicht öffentlich und schon gar nicht bösartig sein: aber deutlich und spürbar muß sie sein. Unterwürfigkeit ist da völlig fehl am Platz.

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