Putins Liebe zu schwachen Frauen

Hillary Clinton nimmt selten ein Blatt vor dem Mund. Im März hat sie das Vorgehen Putins bei der Annexion der Krim mit der Politik Hitlers verglichen. Dieser Vergleich ist nicht nur legitim – er trifft auch zu. Natürlich vergleicht niemand, der bei Verstand ist, den Menschen Putin mit dem Menschen Hitler. Aber das strukturelle Vorgehen ist das gleiche: so wie Hitler unter dem Vorwand, er müsse seine sudetendeutschen Landsleute vor den Tschechen retten, ins Sudetenland (und später auch in die „Rest-Tschechei“) einmarschiert ist, um es zu annektieren, so hat Putin – wie Hitler eindeutig unter Bruch des Völkerrechts – die Krim mit fast den gleichen Begründungen annektiert. (Es ist, aber das nur nebenbei, eine ähnliche Argumentation, wie man sie auch bei Erdogan findet, der sich zum Herrn über alle ethnischen Türken auf der Welt aufspielt, selbst wenn sie Bürger unabhängiger Staaten sind.)

Hillary Clinton hat also einen Vergleich hergestellt, der sich jedem historisch gebildeten Menschen geradezu aufdrängt. Daß der Täter die Sache anders sieht als der Historiker, liegt auf der Hand. Interessant ist freilich die merkwürdige Art und Weise, wie Putin und seine Hofschranzen darauf reagieren: sie antworten durchweg mit einer seltsamen, ja befremdlichen Art von hämischer Ironie, und das hat dann doch etwas sehr Unreifes, Pubertäres. Kein ernsthafter Politiker, kein wirklicher Staatsmann würde auf ernste Vorwürfe so kindisch reagieren.

Aber hören wir, wie Putin auf Hillary Clintons Worte geantwortet hat (hier nachzulesen):

Wenn Leute Grenzen überschreiten, machen sie das nicht, weil sie so stark sind, sondern weil sie so schwach sind. Aber vielleicht ist Schwäche nicht die schlechteste Eigenschaft für eine Frau … Mit Frauen streitet man besser nicht.

Makaber ist, daß Putin Clinton vorwirft, sie überschreite Grenzen – ausgerechnet Putin, der nicht etwa diskursive, sondern ganz reale Grenzen überschritten und damit das Ende einer europäischen Ära eingeläutet hat. Denn eines war in unserem Europa nach dem Krieg sozusagen sakrosankt: bestehende Grenzen durften unter keinen Umständen (und unter keinem Vorwand!) angetastet werden. Gerade die Sowjetunion war es, für die alle Nachkriegsgrenzen heilig waren. Wer auch nur leise andeutete, daß nicht alle Grenzen auf ewige Zeit so bestehen müßten, wie sie waren, wurde sofort als „Revisionist“ oder gar „Faschist“ beschimpft.

Ach ja, und dann noch die Schwäche des Weibes. „Frailty, thy name is woman“, heißt es in Shakespeares Hamlet: „Schwachheit, dein Nam‘ ist Weib!“

Putin will also ausgerechnet Hillary Clinton zu einer schwachen Frau machen. Das wird ihm nicht gelingen. In seiner russischen Heimat aber werden solche dummen Sprüche seine Popularität weiter stärken, denn viele Fortschritte der Menschheit sind – auch dank Putin! – in Rußland noch nicht angekommen.

Aber gönnen wir ihm den kleinen Lacher, denn die neuesten Bilder von den Feiern in der Normandie zeigen Putin, wie isoliert er zur Zeit in der Welt ist. Wenn er denn unbedingt ein bißchen Aufheiterung auf Kosten der Frauen nötig hat: bitte sehr. Auf lange Frist wird es ihm wenig nutzen.

Er hat seinen internationalen Ruf ein für allemal verspielt.

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