Unsere Kanzlerin hat vom chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao ein „transparentes Verfahren“ gegen den Künstler Ai Weiwei eingefordert.
Ein transparentes Verfahren?
Das heißt, wenn man es recht bedenkt, zweierlei.
Erstens soll das Verfahren gegen ihn „transparent“ sein. Aber was bedeutet das? Der Große Wahrig definiert das Wort als „durchschaubar“ oder „durchsichtig“. Durchschaubar ist das Verhalten der chinesischen Regierung auf jeden Fall – man will einen mutigen, international renommierten Künstler und Kritiker mundtot machen. Das ist sogar leicht durchschaubar, denn die ganze Welt weiß es. Warum benutzt die Kanzlerin nicht das in einem solchen Fall allein angebrachte Wort: rechtsstaatlich? Denn darum geht es, und nur darum: ob sich Ai Weiwei wie jeder andere in einem Rechtsstaat verteidigen kann – oder ob er einem Willkürregime ausgesetzt ist, das ihn verschleppen, einschüchtern, verprügeln und zum Schweigen bringen kann.
Was um alles in der Welt heißt da: transparent? Da will man ganz offensichtlich den Herrn Wen mit dem Geldkoffer nicht verärgern.
Zweitens: wenn man ein „transparentes Verfahren“ verlangt, heißt das auch: man verlangt ein Verfahren! Statt also die chinesischen Behörden aufzufordern, das Verfahren gegen den Künstler, seine selbst nach chinesischen Gesetzen rechtswidrige Verschleppung als Unrecht anzuerkennen und den politisch Verfolgten wieder in seine Rechte einzusetzen, bescheidet man sich mit der Forderung nach Transparenz, das heißt: im Grunde verlangt man von China – nichts.
Das ist das armselige Resultat dieses deutsch-chinesischen Treffens. Aber es ist genau das Resultat, das man von dieser Regierung erwartet hat.