Beide, Putin und die deutsche Linke, haben schöne Fassaden aufgebaut, aber man riecht den Gestank, sobald man hinter die Fassaden schaut.
Putin ist jetzt vor aller Welt (und für alle Zeit) als das entlarvt, was er wirklich ist: ein brutaler Machtpolitiker, der um keinen Deut anders handelt als seine sowjetrussischen Vorgänger. Menschenrechte, Völkerrecht, die geschriebene Verfassung – das alles bedeutet ihm nichts. Er wird dafür, wenn auch nicht heute oder morgen oder übermorgen, seine Strafe bekommen, genau wie sein Handlanger Janukowitsch.
Und die deutsche Linke? Auch sie hat, nachdem ihre Vorgängerpartei, die SED, historisch vollständig desavouiert war, eine schöne Fassade aufgebaut: erst als PDS, dann als Die Linke. Es wäre schön gewesen, auch in Deutschland eine Partei zu haben, die sich der sozialen Gerechtigkeit verschreibt, ohne mit den verbrecherischen Machenschaften des DDR-Systems verbandelt zu sein. Für einen Augenblick gab es diese Chance: als sich die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) bildete. Aber sie hat sich unter dem Druck Oskar Lafontaines der PDS angeschlossen – und war unter den Altgenossen bald abgemeldet.
Die praktische Politik zeigt immer, wohin der Weg geht. Der Ton macht die Musik – gerade jetzt in der Zeit des russischen Eingreifens in der Ukraine.
Nehmen wir einmal Wolfgang Gehrcke. Er war Mitbegründer der DKP, der er mehr als zwei Jahrzehnte angehörte. 1990 trat er der PDS bei, dann der Linken, deren außenpolitischer Sprecher er inzwischen ist. (Man erkennt den betonlinken Faden in dieser Karriere!) Aber hören wir einmal, was er zum Überfall des Genossen Putin zu sagen hat (auf der Seite der Linksfraktion nachzulesen):
Auf keinen Fall darf die Krise durch die Europäische Union weiter zugespitzt werden. Die EU sollte auf Russland zugehen und die russischen Interessen anerkennen und ernst nehmen. Darüber hinaus müssen die Außenminister der EU aufhören, Russland aus der europäischen Politik herauszudrängen.
Also: die EU darf die Krise nicht „weiter“ (!) zuspitzen, und Rußland ist ein Unschuldslamm. Das kennt man aus guten alten DKP-Zeiten: die Liebe zur Sowjetunion ist unendlich, selbst wenn es die Sowjetunion gar nicht mehr gibt. Aber hören wir weiter:
Die Forderungen der ukrainischen Regierung an die NATO sollten dementsprechend zurückgewiesen werden. Schon die Behandlung der Ukraine-Frage im NATO-Rat stellt eine Grenzverletzung dar.
Nicht die russische Besetzung der Krim ist also eine Grenzverletzung, sondern die „Behandlung der Ukraine-Frage“ durch die NATO. Darauf muß man erst einmal kommen.
Besonders lustig ist Gehrckes nächster Satz:
Nicht die NATO, allein die OSZE kann in der aktuellen Situation für Entspannung sorgen.
Wir haben die Bilder alle noch vor Augen, wie die Delegation der OSZE von den – ich will jetzt mal politisch ganz korrekt sein! – „Selbstverteidigungskräften der Krim“ dreimal (das letzte Mal sogar mit Warnschüssen!) am Betreten der Krim und damit an ihrer Sorge „für Entspannung“ gehindert wurde. Könnte es sein, Genosse Gehrcke, daß du da nicht ganz auf dem neuesten Stand bist?
Daß er ein Meister des Sophistik ist, zeigt Gehrcke in seinem abschließenden Satz:
Wenn sich die G7-Staaten auf die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine berufen, ist das zwar völlig richtig, aber wenig glaubwürdig, nachdem man beide Prinzipien in Bezug auf Jugoslawien, Afghanistan, den Irak und Libyen verletzt hat. Es sollten alle daraus lernen, dass das Völkerrecht für jeden Staat und zu jederzeit gilt. Die Kriegsrhetorik muss sofort beendet werden.
Die „Kriegsrhetorik“ (damit meint Gehrcke natürlich die des Westens) muß also beendet werden – aber die Verletzung des Völkerrechts durch den Genossen Putin nicht?
In einer gemeinsamen Erklärung der beiden Linken-Vorsitzenden und Gregor Gysis heißt es:
Im Konflikt um die Krise in der Ukraine kann es nur eine Lösung mit und nicht gegen Russland geben.
Ach, so ist das! Da sollen wir also wohl den Aggressor Putin, der das Völkerrecht gebrochen, die ganze Welt belogen und an die faex populi der Krim moderne Waffen ausgegeben hat, recht schön bitten, sich nicht auch noch den Rest der Ukraine einzuverleiben? Damit ihr eure deutsch-russische Freundschaft weiterpflegen könnt wie in alten Zeiten?
Nein, liebe „demokratische Sozialisten“: wer ein Verbechen gegen das Völkerrecht begeht, gehört bestraft. Und das gilt auch und erst recht für euren Genossen Putin, dessen kaltschnäuzige, kriegstreiberische Verletzung aller Normen des europäischen Rechts in der Geschichte der letzten Jahrzehnte ohne Beispiel ist. Daß ihr diesen Kriegstreiber auch jetzt noch mit Samthandschuhen anfaßt, zeigt nur, daß sich an der alten SED nur der Name geändert hat.