Griechenland hat unter dem Druck der EU die eigene Bevölkerung im vergangenen Jahr zu drastischen Einschnitten gezwungen, wie sie vermutlich in keinem anderen europäischen Land durchsetzbar wären. Schon jetzt können die Griechen, selbst wenn sie zwei oder drei Jobs gleichzeitig haben, davon kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten. Viele sind, obwohl sie arbeiten, auf die Hilfe ihrer Familien angewiesen. Was aber in der kommenden Woche geplant ist, bedeutet einen noch viel tieferen Einschnitt. Der Steuerfreibetrag wird von 12.000 auf 8.000 Euro reduziert, so daß selbst Empfänger des Mindestlohns von 739 Euro einkommensteuerpflichtig werden. Daneben wird eine sog. Solidaritätssteuer eingeführt, die zwischen ein und vier Prozent des Einkommens betragen soll. Und es soll noch weitere dramatische Eingriffe geben, die Papandreou aus gutem Grund erst kurz vor der Abstimmung nennen will.
Das sind, wie die griechische Zeitung Eleftheros Typos zurecht schreibt, „vernichtende Bedingungen“, denn auch die von der EU und der Finanzwelt erzwungenen Privatisierungen nehmen mittlerweile ein immer größeres Ausmaß an: nicht nur die Telefongesellschaft OTE und die Postbank, auch die Häfen von Thessaloniki und Piräus sollen verkauft werden (vielleicht an China?). Und das in einer Zeit, wo überall in der EU der Trend dahin geht, die Privatisierungen wieder rückgängig zu machen!
Hier soll ganz offensichtlich ein kleines Land kaputt-, ja totsaniert werden. Schon seit Jahren reisen europäische Schnäppchenjäger und Profiteure durch Griechenland und erwerben Immobilien zum Ramschpreis. Jetzt soll alles, aber auch alles verschleudert werden.
Ich vertraue darauf, daß die Griechen das nicht länger mit sich machen lassen. Es gibt andere Länder in der EU, in denen – dank der überstürzten Erweiterung – die Korruption blüht, sogar das organisierte Verbrechen (bis in Regierungskreise hinein) – da höre ich Kritik allenfalls hinter vorgehaltener Hand. Aber auf die Griechen kann man nach Herzenslust eindreschen.
Gerade die Deutschen müßten eigentlich – nach Versailles – wissen, was alles möglich ist, wenn man einem Volk nicht einmal mehr seine Würde läßt.