Alice Schwarzer und das Konto in der Schweiz

Schadenfreude ist nicht die feinste aller menschlichen Regungen, aber sie kommt immer von Herzen. Das gilt ganz besonders in der causa Schwarzer.

Es ist ja nicht nur die Diskrepanz zwischen der herrischen (und oft gnadenlosen) Moralistin und der Tat, bei der man sie nun ertappt hat. Diese Konstellation kennt man, sie ist der Stoff vieler Komödien der Weltliteratur von Shakespeare über Molière bis Kleist. Immer wird der fromme Heuchler am Ende entlarvt und bietet auf der Bühne ein Bild des Jammers.

Aber darum geht es mir eigentlich in diesem Fall am wenigsten. Niemand ist gegen das Straucheln gefeit, und Menschen, die immer den ersten Stein werfen, verabscheue ich. Nein, es geht mir darum, wie ein Mensch reagiert, wenn er ertappt worden ist. Und da reiht sich Frau Schwarzer ohne jeden Abstrich in die lange Reihe ertappter Sünder ein, die uns in den letzten Jahren begegnet sind. Keiner von ihnen hat wirklich Reue gezeigt, sie haben alle geleugnet, laviert und sich als die eigentlichen Opfer dargestellt.

Auch Alice Schwarzer gibt auf ihrer Internetseite nur zu, was nicht mehr zu leugnen ist. Das Konto in der Schweiz war ein „Fehler“, sagt sie lapidar. Und fügt hinzu: „Inzwischen ist alles legal.“ Überhaupt war das Geld nur zu ihrer „Beruhigung“ da, falls „die Hatz gegen mich“ sie zur Auswanderung nötigen würde. „Ich war nachlässig“, schreibt sie.

Gegen sich selbst ist sie milde und nachsichtig.

Und dann geht sie in die Offensive. Die Veröffentlichung durch den Spiegel sei Teil einer Kampagne gegen sie, „Rufschädigung“ (als habe sie ihren Ruf nicht selbst geschädigt!) durch Medien, die ein „politisches Interesse“ daran hätten, ihr zu schaden.

Und ich frage mich, ob es ein Zufall ist, dass manche bei ihrer Berichterstattung über mich gerade jetzt auf Recht und Gesetz pfeifen? Jetzt mitten in der von EMMA angezettelten Kampagne gegen Prostitution, wo es um Milliarden-Profite geht. Bei der Jahrzehnte währenden Kritik von EMMA am Ehegattensplitting, mit dem Vater Staat die Hausfrauenehe mit Milliarden subventioniert. Oder auch nach so scharfen öffentlichen Kontroversen, wie im Fall Kachelmann.

Es ist schon mehr als abenteuerlich, wie schnell, wie fast übergangslos Alice Schwarzer von der Verteidigung auf Angriff umschaltet. Und es ist ein ausgesprochen absurder Angriff, der fast schon etwas Paranoides an sich hat. Welcher Mensch, der seine fünf Sinne noch beisammen hat, käme auf die Idee, die Enthüllung ihrer Steuersünde könnte etwas mit ihrem Kampf gegen Pornographie und Ehegattensplitting zu tun haben?

Das ist mehr als nur Ablenkung und Selbstüberschätzung. Da wird selbst das eigene Fehlverhalten noch für den politischen Kampf mißbraucht.

Also: wieder einmal jemand, dem ein mea culpa ohne Wenn und Aber nicht über die Lippen geht. Es hat in den letzten Jahren nur einen einzigen Menschen gegeben, der sich in einer solchen Situation vorbildlich verhalten hat: das war die Bischöfin Käßmann. Sie ist sofort von ihrem Amt zurückgetreten, und sie hat zu ihrer Schuld gestanden.

Und sie hat dabei einen schönen Satz gesagt: „Niemand kann tiefer fallen als in Gottes Hand.“

So etwas ist Alice Schwarzer natürlich fremd.

Dieser Beitrag wurde unter Christentum, Fernsehen und Presse veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert