Wer sich schon immer im dunklen Tann oder in Parkhäusern gefürchtet hat, kann aufatmen: ihm droht keine Gefahr mehr.
Der Mord wird nämlich abgeschafft.
Jedenfalls fordern das der Deutsche Anwaltverein (DAV) und mehrere prominente Juristen. Statt der zwingenden Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag soll es bald nur noch einen einheitlichen Tötungsparagraphen geben, der dem Richter dann einen großen Ermessensspielraum einräumt: nämlich zwischen fünf Jahren und Lebenslänglich (die Einzelheiten sind hier nachzulesen).
Ich bin damit ganz und gar nicht einverstanden, denn der Unterschied zwischen Mord und Totschlag ist ausgesprochen vernünftig. Gerade die gesetzlichen Kriterien für Mord leuchten mir ein.
Der § 211 des Strafgesetzbuches lautet so:
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.
Den Anwaltverein stört offenbar vor allem, daß ein Mörder ohne Wenn und Aber, also ohne Ermessensspielraum des Richters, mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bestraft wird. Wer dem Richter durch die Änderung von § 211 einen größeren Ermessensspielraum einräumen möchte, kann also nur die Möglichkeit einer geringeren Strafe für den Mörder im Sinn haben.
Das leuchtet mir nicht ein.
Schon heute sind doch die Kriterien für eine Verurteilung als Mörder äußerst streng. Wer die Gerichtsurteile bei Tötungsdelikten aufmerksam verfolgt, wird längst festgestellt haben, daß die überwältigende Mehrheit der Tötungsdelikte heute aufgrund der Rechtslage als Totschlag eingestuft wird. Wer aber einen Menschen aus den im Absatz 2 genannten „niedrigen Beweggründen“ tötet, der sollte auch zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden, die ja – wie man hinzufügen muß – schon nach 15 Jahren enden kann, wenn keine besondere Schwere der Schuld festgestellt worden ist.
Warum sollte man das ändern?
PS: In der Begründung zur geforderten Gesetzesänderung kann man auch lesen, die derzeitige Rechtslage gehe „auf das Jahr 1941 – also auf die Nazis – zurück.“ Ich habe freilich noch keine Forderung nach Rückbau aller deutschen Autobahnen gehört, die ja bekanntermaßen auch „auf die Nazis“ zurückgehen.