Unitymedia mißbraucht sein Monopol in Hessen und streicht Sender auf Sender

Wir haben uns damals für das Kabelfernsehen entschieden, weil wir endlich die meisten der Dritten Programme sehen wollten. Das ging auch lange gut – bis Unitymedia (bzw. seine Vorgängergesellschaften) das hessische Kabelnetz kauften.

Seitdem sind die Abonnenten des analogen Kabelfernsehens in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zum Spielball eines britischen Investors geworden, ohne daß sie sich dagegen wehren können. Unitymedia ist ein Tochterunternehmen des englischen Breitband-Multis Liberty Global, der Kauf von Unitymedia war – wie fast alles vorher – vom Bundeskartellamt abgesegnet worden.

Inzwischen prozessiert Unitymedia gegen ARD und ZDF. Worum geht es? Die öffentlich-rechtlichen Sender haben bis zuletzt als Einspeiseentgelt 60 Millionen Euro an die (ohnehin reichen) Kabelnetzbetreiber gezahlt. Diese Zahlung haben sie jetzt – zurecht! – eingestellt. Die Betreiber wollen sich ihre Dienste nämlich gleich doppelt bezahlen lassen: einmal vom Kunden, der ihnen eine (viel zu hohe) Gebühr bezahlt, und zusätzlich noch von den öffentlich-rechtlichen Sendern, zu deren Einspeisung sie gesetzlich verpflichtet sind.

Das ist natürlich eine wunderbare Sache, wenn man für eine Leistung gleich doppelt bezahlt wird, und wenn einem dieses Glück genommen werden soll, zieht man natürlich vor Gericht.  Wozu hat man ganze Scharen von Anwälten! Der Ausgang ist freilich für Unitymedia, wie es sich gezeigt hat, mehr als unsicher – also greift man zu einem drastischen Mittel: man nimmt sozusagen die Abonnenten als kollektive Geisel, streicht gleich mehrere öffentlich-rechtliche Sender und ersetzt sie durch private Müllsender, die keiner sehen will (das Prekariat ausgenommen).

In Hessen läuft das so (in NRW und Baden-Württemberg wird es ähnlich sein): Man schaltet an seinem Fernsehgerät frohgemut den MDR ein, mit dem man seit langem vertraut ist – und findet ihn nicht mehr. Er ist weg! Statt dessen befindet sich auf dem Kanal ein Sender, der sich Pro Sieben Maxx nennt und den ganzen Tag Schrott absondert.

Ein paar Monate später: man will etwas im NDR-Fernsehen schauen, und was sieht man? Der NDR ist mehr da! Statt dessen ein RTL-Ableger namens RTL Nitro, der so aktuelle und brisante Serien wie CSI Miami oder Die Autobahnpolizei abnudelt.

Das alles geschieht ohne jede Ankündigung – immer wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es ist schlimm genug, daß öffentlich-rechtliche Sender durch solchen Schrott ersetzt werden, aber noch viel schlimmer ist, mit welcher Kaltschnäuzigkeit, mit welcher Verachtung für den Kunden diese Investoren, die sich Unitymedia nennen, mit denen umgehen, die ihre Geldsäckel füllen. Der Kunde ist König? Nein – die Kunden sind für diese feine Firma nur Goldesel.

Viel schlimmer ist aber, daß bei der Einführung des Privatfernsehens die rechtlichen Voraussetzungen – absichtlich? – so schlampig ausgeführt wurden, daß heute eine Konzernzentrale in London entscheiden kann, welche Sender wir hier im Rhein-Main-Gebiet sehen dürfen und welche nicht. Das ist der eigentliche Skandal.

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