Als der Frankfurter Oberbürgermeister Walter Kolb (SPD) 1956 zu Grabe getragen wurde, gaben ihm mehr als 100.000 Bürger das letzte Geleit. Zehn Jahre lang war er da schon im Amt gewesen – ein unpathetischer, volkstümlicher Bürgermeister, und zugleich der letzte wirklich populäre Sozialdemokrat im Römer.
Spätere SPD-Oberbürgermeister waren hemdsärmelig (wie Rudi Arndt) oder eher spröde, einige waren wohl auch halbwegs beliebt, aber einen solchen Trauerzug sollte es nie wieder geben.
Das liegt auch an der Frankfurter SPD, die wegen ihrer rabiaten innerparteilichen Kämpfe bald weit über Hessen hinaus berüchtigt war. Auch die eigenen Oberbürgermeister hatten es schwer mit ihrer Partei, manch einer – etwa Volker Hauff – warf bald das Handtuch. Und heute? Da stellt die SPD nach langer Zeit einmal wieder den Oberbürgermeister, aber Peter Feldmann, der „rote Peter“, ist leider nicht gerade ein Aushängeschild für diese Stadt, die einmal mit Walter Wallmann und Hilmar Hoffmann glänzende Repräsentanten und mit Petra Roth immerhin eine langjährige, solide, an der Kultur immer interessierte Oberbürgermeisterin hatte.
Feldmann, das ist wenigstens mein Eindruck, hat etwas von einem Krämer- und Kleingeist. Er kümmert sich verbissen um den Zuschnitt der Dezernate, erteilt Redeverbote und scheut keinen Grabenkampf mit der schwarz-grünen Koalition, die ihm offenbar von Herzen zuwider ist. Nur eines will er nicht werden: der Oberbürgermeister aller Frankfurter, der erste Bürger der Stadt. Er ist und bleibt ein linker Sozialdemokrat in der (schlechten!) Tradition des SPD-Bezirks Hessen-Süd, ein Klinkenputzer, der Volkstümlichkeit mit dem Klingeln an möglichst vielen Türen „einfacher Menschen“ verwechselt und völlig versagt, wenn es darauf ankommt, das große kulturelle Erbe dieser Stadt zu bewahren und zu mehren.
Bedeutenden kulturellen Veranstaltungen bleibt er einfach fern und besucht statt dessen seine „einfachen Menschen“. Er schwänzt wichtige Konferenzen und Auslandsreisen und läßt sich gern entschuldigen, wenn er seine Stadt repräsentieren soll. Er führt damit Frankfurt, das doch eine Bürger- und Kulturtradition wie wenige andere deutsche Städte hat, geradewegs zurück in die Provinz. Das geplante Romantikmuseum neben dem Goethehaus etwa (ein Unternehmen von europäischem Rang!) unterstützt er erst, seit eine Welle der Empörung über ihn und die regierenden Parteien hereingebrochen ist, die kurzerhand die Gelder für das Projekt gestrichen haben.
Er ist offenbar ein Bürgermeister, dem man erst erklären muß, was Kultur eigentlich ist. Er will Kultur (oder was er dafür hält) unters Volk und in die Stadtteile bringen, besucht aber selbst nicht einmal die Premieren seiner Theater. Das ist wohl für ihn zu bürgerlich.
Deshalb mag ich Peter Feldmann nicht. Frankfurt hat einen solchen Kleingeist nicht verdient.