Ausgerechnet an Allerheiligen, dem Tag des Totengedenkens, öffnet auf Schloß Laubach der erste hessische Weihnachtsmarkt. Nun weiß man ja, daß der deutsche Adel auch nicht mehr das ist, was er einmal war – man denke nur an Ernst August von Hannover. Aber hier handelt es sich tatsächlich um eine kulturelle Barbarei, die einen sprachlos macht.
Immer wieder versuchen Veranstalter von Weihnachtsmärkten, den Beginn ihrer kommerziell einträglichen Märkte schon vor dem Totensonntag anzusetzen, denn je früher ein Markt aufgebaut wird, desto mehr Geld wird verdient. Daß so ein Markt zur Adventszeit gehört und unter keinen Umständen während der Trauer- und Gedenktage beginnen darf, diese Selbstverständlichkeit fällt dem schnöden Mammon zum Opfer.
So ist es wohl auch in der causa Laubach. Der Schloßherr, Karl Georg Graf zu Solms-Laubach, ist – wie man auf seiner Homepage sehen kann – ein perfekter Schloß-Vermarkter:
In unseren Räumlichkeiten für große Firmen- und Kultur-Events, Seminare und unvergessliche Feste vereinen sich historischer Charme und professionelle Funktionalität.
Schloss Laubach dient heute vielen Menschen als Zuhause und Arbeitsplatz, ist Anziehungspunkt für Künstler und Kulturfreunde, Event-Location für Unternehmen, sowie Veranstaltungsort für Festivals und Familienfeste.
Zusammen mit einem Event-Veranstalter, der den schönen Namen Evergreen GmbH & Co. KG trägt, lädt der Graf mitten in der Zeit des Totengedenkens zum Weihnachtsmarkt. Natürlich nicht für Gotteslohn – allein der Eintritt kostet 9 Euro. Trotzdem sollen an Allerheiligen ein paar tausend Menschen gekommen sein, um die Kassen von Graf und Eventmanager weiter aufzufüllen.
Aber halt – das mit den Kassen muß ich zurücknehmen. Ich lese nämlich gerade: es geht hier ja gar nicht um die Geldeinnahmen! Wie sagte der Geschäftsführer des Veranstalters, Christian Rode, so schön (hier nachzulesen):
Es sei schließlich besser, die Leute hätten draußen vor dem Schloss Gesellschaft und Freude, als alleine und einsam zu Hause zu sitzen.
Ist das nicht rührend?
Also, soviel edle Gesinnung hätte ich einem Event-Manager wirklich nicht zugetraut.