80 Minuten Allerheiligen

Ich erinnere mich noch gut an die 50er und 60er Jahre, als Rundfunk und Fernsehen an einem Feiertag wie Allerheiligen ihr gesamtes Programm auf den feierlichen Anlaß ausgerichtet und den ganzen Tag nur „Besinnliches“ gesendet haben. Das mag damals ein bißchen übetrieben gewesen sein, aber heute, besonders nach Einführung des Privatfernsehens (das ja zum allergrößten Teil Müll-Fernsehen ist!), schlägt das Pendel mit voller Wucht in die andere Richtung aus. Daß wir trotz fortschreitender Säkularisierung immer noch ein christliches Land mit immerhin mehreren Millionen aktiver Gläubiger sind, kann man zumindest am Fernsehprogramm nicht ablesen.

Ganze zwei Sendungen mit zusammen 80 Minuten hat das Fernsehen gestern Allerheiligen gewidmet: einen katholischen Gottesdienst im Ersten und einen 20minütigen Beitrag über den Feiertag („Ein guter Grund zu feiern“) im Zweiten. Das ist doch ein bißchen sehr dürftig, nicht wahr?

Alles andere war Programm as usual – Kochsendungen, Krimis, die üblichen Seifenopern, Kriegs- und Horrorfilme.

Natürlich kann man die Vergangenheit nicht zurückholen, das will auch niemand. Aber es drängt sich doch der Eindruck auf, daß religiöse Themen (und mit ihnen auch alle wirklich wichtigen Fragen des Lebens!) im Fernsehen ganz bewußt und systematisch auf ein Minimum reduziert werden. Statt ein Gegengewicht gegen die seichte Spaßgesellschaft mit ihren unerträglichen Dauergrinsern (Raab, Comedians usw.) zu bilden, geben sich die öffentlich-rechtlichen Sender alle Mühe, genauso flach, genauso dumm zu werden, wie es die Privatsender immer schon waren.

Ja, es gibt noch ein paar gute Sendungen, aber die kommen fast ausschließlich spät in der Nacht. Dem gesetzlichen Auftrag, den das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu erfüllen hat, kommt es schon lange nicht mehr nach.

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