Die Führungsgarnitur der Freien Demokraten ist eine Dilettantentruppe, gewiß. Sie macht keine Politik (und schon gar keine gute!), sie verkauft Politik. FDP-Witze sind heute das, was früher Blondinen- und Ostfriesenwitze waren. Kabarettistische Formate wie die heute-show bestreiten mit diesem FDP-Bashing ganze Sendungen.
Und trotzdem: wenn ich sehe, wie gestern bei jeder Nachricht über das Abschneiden der FDP die konkurrierenden Parteien gegrölt und gejubelt haben, als sei erst dadurch ihr Glück vollkommen geworden, fühle ich mich ein bißchen unwohl. Natürlich, es stehen fast nur noch Schießbudenfiguren an der Spitze dieser Partei, aber das war doch nicht immer so! Ohne Theodor Heuß, unseren ersten Bundespräsidenten, der gleichzeitig der erste FDP-Vorsitzende war, wäre das erste Jahrzehnte unseres Landes nichts anderes als Adenauerzeit gewesen. Heuß (nicht Adenauer!) hat die geistige Kultur, die große liberale Tradition Deutschlands verkörpert wie kein anderer. Natürlich waren die Wirtschaftliberalen, denen es immer nur um das schrankenlose Geldverdienen ging, von Anfang an auch eine Strömung der Partei, aber sie waren vor Möllemann und Westerwelle immer in die Gesamtpartei eingebunden und dadurch gezähmt. Wirklicher Liberalismus war in der FDP immer stark, man denke nur an Persönlichkeiten wie Walter Scheel und Hildegard Hamm-Brücher – selbst Hans-Dietrich Genscher kann sich, wenn man ihn mit der heutigen FDP-Führung vergleicht, sehen lassen.
Die einseitige Fixierung auf Wirtschaftsliberalismus und die damit einhergehende Klientelpolitik hat sich erst Ende der 80er Jahre mit Bangemann, Möllemann und schließlich Westerwelle durchgesetzt. Sie war der Anfang vom Ende der alten (und guten) FDP.
In der Politik geht es so grausam zu wie in der Natur: die einen überleben, die anderen nicht. Eine FDP der neoliberalen Sprechblasen, wie sie spätestens seit Möllemann die Politik der Partei bestimmen, wird nicht mehr in den Bundestag zurückkehren. Aber eine FDP, die an Persönlichkeiten wie Heuß und Hamm-Brücher anknüpfen würde, hätte die Rückfahrkarte so gut wie sicher.
Solche Persönlichkeiten sind freilich zur Zeit in der FDP nirgends auszumachen. Ein politisches Leichtgewicht wie Lindner wird die große Umkehr kaum bewältigen.