Mancher will es nicht wahrhaben, aber solche Situationen hat es in der Geschichte immer wieder gegeben: daß eine Lage aussichtlos ist, weil alles, was man unternehmen (oder unterlassen) kann, die Sache nur schlimmer macht.
In der Literatur, vor allem im Theater, spricht man dann von einer tragischen Situation. Das genau ist die Lage in Syrien. Ob Assad bleibt oder die Rebellen siegen – beides ist gleich fürchterlich. Die christliche Minderheit (etwa 8% der Bevölkerung) wird, vor allem bei einem Sieg der islamischen Rebellen, in jedem Fall das Opfer sein.
Syrien war bis zur gewaltsamen Eroberung durch die Muslime im 7. Jahrhundert ein weitgehend christliches Land. Unter Assad (Vater und Sohn) konnten die Christen ihren Glauben relativ unbehelligt leben. Die Rebellen werden dem schnell ein Ende machen – das Allahu akbar wird dann über ganz Syrien herrschen, und selbst wenn es zu einem Lippenbekenntnis („der Islam ist tolerant“) kommen sollte, sind die Tage der christlichen Minderheit gezählt. Da wird es hie und da Morde geben, die nie aufgeklärt werden, ein paar Geschäfte von Christen werden in Flammen aufgehen – das genügt schon, um den Exodus der Christen zu beschleunigen. Es ist keine ethnische, es ist eine religiöse Säuberung, die auf Syrien zukommt, wenn die Rebellen gewinnen, denn in einer solchen Bewegung siegen am Ende immer die, die am hemmungslosesten, am gewalttätigsten sind. Wer ihnen auch die linke Wange hinhält, dem werden sie den Kopf abschlagen.
Was soll man also tun? Es gibt keinen Knoten, den man mit einem Schwerthieb zerschlagen kann. Auch Obamas Notlösung, das Regime durch einen begrenzten Angriff zu schwächen, ohne die Rebellen zu stärken, ist genau das: eine Notlösung. Sie wird den schlimmen Ausgang der Dinge nicht verhindern können, selbst wenn man sie (und dafür spricht einiges) aus moralischen Gründen für richtig hält.
Das Problem liegt auch darin, daß in fast allen muslimischen Ländern der Einsatz modernster Technologie (Waffen, Computer, Smartphones usw.) mit einer geistigen Haltung einhergeht, die noch auf den Stand des frühen Mittelalters ist. Das ist ein brisanter Gegensatz – es ist so, als würde man einem fünfjährigen Kind automatische Kriegswaffen in die Hand geben.
Eine junge Generation, die man fast schon als aufgeklärt bezeichnen könnte, ist in vielen dieser Staaten vorhanden, aber sie ist wahrscheinlich noch zu klein, als daß sie die alten Strukturen wirksam aufbrechen könnte.
Immerhin – es gibt sie! Und man kann nur hoffen, daß sie sich nicht von den mittelalterlichen Denkstrukturen der Mehrheit einschüchtern läßt.