Ein Brief an den türkischen Präsidenten Abdullah Gül

Sehr geehrter Herr Gül,

in Backnang sind bei einem Brand eine Mutter und sieben ihrer Kinder ums Leben gekommen. Das ist ein fürchterliches Schicksal, und die Angehörigen der Familie und unsere türkischen und türkischstämmigen Mitbürger können sicher sein, daß wir alle mit ihnen mitfühlen.

Die deutschen Behörden – Polizei, Feuerwehr, Sachverständige – werden dieses Unglück genau so penibel untersuchen wie jedes andere Unglück auch. Deshalb sind Ihre drohend formulierten Ankündigungen, „die Türkei werde der Sache auf den Grund gehen“, nicht nur völlig unangemessen und beleidigend, sie machen das schreckliche Schicksal dieser Familie zu einem billigen politischen Winkelzug.

Wir haben hier in Deutschland Fachleute, Behörden und Gerichte, die – wenn sie auch nicht perfekt sind (perfekt ist nichts auf der Welt) – überall für ihre Gründlichkeit bekannt sind. Das ist, wie Sie wissen, in der Türkei nun wirklich nicht immer der Fall. Ich erinnere Sie an die vielen Straftaten gegen die Christen Ihres Landes, die regelmäßig von angeblichen „Einzeltätern“ begangen werden. Wenn es in türkischen Gefängnissen bis heute immer wieder zu Folter und (wie gerade jetzt bekanntgeworden ist) auch zu Vergewaltigungen kommt, dann wäre auch das ein Grund, ein bißchen weniger auftrumpfend zu sein.

Fast könnte man den Eindruck haben, daß Teile der türkischen Presse und der politischen Klasse in Ihrem Land enttäuscht wären, wenn das Unglück von Backnang nicht auf Fremdenfeindlichkeit oder „Islamophobie“, sondern auf einen technischen Defekt zurückzuführen wäre.

Sie und Ihr Ministerpräsident suggerieren in Ihren Kommentaren immer wieder, wie schlecht es bei uns den türkischstämmigen Mitbürgern gehe. Da muß ich jetzt aber schon einmal fragen: warum bleiben sie dann hier? Wenn die Türkei das gelobte Land ist, warum drehen sie dann nicht diesem schlimmen, bösartigen und islamophoben Deutschland den Rücken? Könnte es sein, daß sie vielleicht einfach durch ihre Erfahrungen und durch gerechte Abwägung die Vorzüge einer freien Gesellschaft nicht mehr missen mögen?

Bedenkliches gibt es bei uns auch genug – die vielen Fehler bei der Fahndung nach den rechtsradikalen Serienmördern sind ein besonders bedrückendes Beispiel. Aber auch das wird Punkt für Punkt aufgearbeitet, und die Schuldigen werden mit rechtsstaatlichen Mitteln bestraft werden. Unsere Zeitungen decken übrigens auch solche beschämenden Fehler des eigenen Landes schonungslos auf. Hier gibt es keinen dummen Patriotismus, der alle Fehler immer nur bei anderen sucht.

Sie kennen vielleicht das alte deutsche Sprichwort: ein jeder kehre vor seiner eigenen Tür.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Lupulus vom Christenklub.

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