„Wenn wir heute über Familie sprechen“, meint Frau Künast, dann „meinen wir eine Vielzahl von Lebensentwürfen“.
Mit diesem ersten Satz eines Künastschen Gastkommentars in der F.A.Z. (hier nachzulesen) hat die blanke Ideologie und damit die Verfälschung der Wahrheit schon begonnen, denn was eine Familie ist, das ist semantisch eindeutig. Frau Künast hat vielleicht die Oberhoheit über die Grünen, aber sie hat nicht die Oberhoheit über die deutsche Sprache. Sie will den Eindruck erwecken, als könne man jede Form des menschlichen Zusammenlebens als „Familie“ bezeichnen.
Etwas Dümmeres hat man lange nicht gelesen.
„Längst nicht mehr“, sagt Künast, denken „wir“ bei Familie an „Mutter-Vater-Kinder“ mit den Großeltern in einem Haus. Wir? Mit Verlaub, Frau Künast, ich denke bei „Familie“ immer und ausschließlich an das, was Sie in der Ihnen eigenen Überheblichkeit Mutter-Vater-Kinder nennen. Alles andere nämlich kann man nun wirklich nicht als Familie bezeichnen.
Aber Frau Künast freut sich offenbar diebisch über die „kleine Revolution“, durch die „Mutter-Vater-Kinder“ endlich obsolet geworden ist. Und dann zählt sie auf, was ihr offenbar viel segensreicher erscheint als die gute alte Familie: Alleinerziehende, Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien. Was also in der Regel nichts weiter als eine Notlösung ist (und zwar eine von den Betroffenen selbst sehr oft als schmerzhaft empfundene Notlösung!), das macht Künast zu einem bunten Utopien, zu einem idealischen Ort.
Endlich, endlich gibt es diese fürchterliche Vater-Mutter-Kind-Familie nicht mehr!
Aber hören wir weiter!
Die meisten Frauen wollen und müssen erwerbstätig sein.
Ein Satz, der es in sich hat. Wollen die Frauen jetzt erwerbstätig sein – oder müssen sie es? Diese beiden Möglichkeiten klaffen weit auseinander – da kann man doch nicht einfach ein kleines demagogisches „und“ dazwischensetzen! Der Satz ist pure Ideologie. Es ist völlig in Ordnung, daß Frauen erwerbstätig sein wollen, darum geht es gar nicht, und der Popanz, den „fortschrittliche“ Frauen in der Diskussion oft aufbauen, als gebe es noch Männer, die ihre Frauen an den Herd zwingen, ist von einer geradezu grotesken Lächerlichkeit. Frauen werden heute nicht an den Herd gezwungen, sondern – durch die überall verbreiteten Billiglöhne – an die Lidl-Kasse oder in die Putzkolonne. Verglichen mit diesen stupiden und schlecht bezahlten „Erwerbstätigkeiten“ ist die Sorge um das eigene Kind in dessen ersten Lebensjahren nun wirklich eine sozial viel, viel wertvollere Tätigkeit. Für eine Mutter, die ihr Kind von der Geburt bis zur Einschulung begleitet und dafür sorgt, daß aus ihm ein lieber, angenehmer, sozial verträglicher Mensch wird, haben Sie und Ihre fortschrittlichen Genossinnen nur Spott und Hohn übrig. Ich, liebe Frau Künast, bin heilfroh, daß ich weder in einer Patchwork- noch in einer euphemistisch geschönten „Regenbogenfamilie“ aufgewachsen bin. Aber weiter im Text.
Das Alleinverdienermodell hat so gut wie ausgedient.
Es hat „ausgedient“? Nein, es ist durch brutale wirtschaftliche Gewalt zerstört worden. Die Zerstörung dieser Lebensform durch Niedriglöhne und eine immer höhere Steuerlast hat inzwischen praktisch den gesamten Mittelstand erfaßt. Von dem nicht nur sprachlich verunglückten Satz – Frauen müssen und wollen erwerbstätig sein – ist also nur der erste Teil richtig. Sie müssen es, weil man selbst in einem mittelständischen Beruf heutzutage kaum mehr eine Familie ernähren kann. Ein Grund zur Freude ist das nun wirklich nicht.
Mit dem Ehegattensplitting und der kostenfreien Mitversicherung in der Krankenversicherung unterstützt der Staat die Ehe.
Ja, soll er denn nur noch Patchworkfamilien unterstützen? Ich glaube, Frau Künast hat schon lange nicht mehr ins Grundgesetz (in diesem Fall Art. 6) geschaut: „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.“
Ehe und Familie, Frau Künast! Sie sind eindeutig – und völlig zurecht! – allen anderen Lebensgemeinschaften übergeordnet und stehen deshalb unter dem besonderen Schutz des Staates.
Den Grünen (und auch der SPD) geht es darum, Frauen mit allen rechtlichen, finanziellen und moralischen Druckmitteln in die Erwerbstätigkeit hineinzupressen. Deshalb soll jetzt auch die bewährte Mitversicherung des Ehepartners in der Krankenkasse abgeschafft werden. Auch dieser Plan hat (um es einmal in dem vielen Grünen vertrauten sozialistischen Jargon auszudrücken) nur ein Ziel: Frauen in die Produktion!
Was Rot-Grün vorhat, ist also das Gegenteil von Wahlfreiheit. Man will den Eltern ein für allemal vorschreiben, daß beide Elternteile gefälligst zu arbeiten haben. Und wer nicht hören will, muß fühlen!
Fortsetzung folgt.